Kitschige Mangas zum Valentinstag

Paulo Coelhos Zitatesammlung „Liebe“ enttäuscht

Von Thorsten SchulteRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thorsten Schulte

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Diogenes-Verlag hat aus den verschiedenen Werken des brasilianischen Bestseller-Autors Paulo Coelho Zitate zur Urkraft des Lebens, der Liebe, zusammengetragen. Entstanden ist eine Sammlung von kurzen Sinnsprüchen und Gedanken in acht Kapiteln, in der die Liebe als Quelle der Kraft, der Veränderung „über allem“ steht. Die Liebe sei ein Geschenk und „der Schlüssel zu allen Geheimnissen“. Ihre Energie, die „keine Zeit, keinen Raum und keine Grenzen“ kennt, könne nicht eingesperrt werden, denn „der Mensch ist dazu geboren, zu lieben und mit dem geliebten Menschen zusammenzuleben“, heißt es in dem Buch. Viel tiefsinniger wird es nicht mehr.

Der Leser soll in der Zeit der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise zu den wirklichen Schönheiten des Lebens – immateriellen Bereicherungen wie Spaziergängen, Verabredungen und eben zur Liebe – zurückkehren. „Deine Liebe rettet mich und gibt mir meine Träume zurück“, ruft Coelho. Doch „friedliche Liebe“ gebe es nicht: „Mit ihr kamen immer Qualen, Ekstasen, intensive Freude und tiefe Traurigkeit.“ Coelho schränkt an anderer Stelle ein: „Aber der Liebeskummer geht immer vorüber.“

Da die Liebe, die Suche nach Glück, Sinn und Halt im Leben die immer wiederkehrenden Motive in seinen Romanen sind, ist die Suche nach passenden Zitaten für die vorliegende Sammlung sicherlich leicht gefallen. Überraschender sind die Illustrationen des „Liebesbandes“. Die Illustrationen der kolumbianischen Künstlerin Catalina Estrada überschreiten mit Absicht die Grenze zum Kitsch. Estrada spielt mit farbenprächtigen Mustern. Folkloristische, lateinamerikanische Formen sind streng symmetrisch angeordnet. Es ist, als blicke man in ein Kaleidoskop. Mädchen, die aus japanischen Manga-Comics entsprungen scheinen, blinzeln mit großen Kulleraugen zweidimensional zwischen opulenten Blumenwänden hervor und lächeln ihr porzellanenes Comiclächeln.

Die Kombination wilder Farben mit asiatischen Mangas trifft im Ed Hardy-Zeitalter den Geschmack der Jugend; Catalina Estrada hat kommerziellen Erfolg. Längst zieren die farbenfrohen Märchenwelten auch ipod-Hüllen, Schuhe und Cola-Flaschen. Ob ihre Bilder deswegen auch eine Zitatesammlung von Paulo Coelho illustrieren sollten, muss angezweifelt werden. Außer der Hoffnung auf kommerziellen Erfolg kann kein Beweggrund gefunden werden, weshalb gerade die vor Farben überbordenden Arbeiten, die den Leser schwindeln lassen, zwischen den Gedanken Coelhos platziert werden müssen.

Und außer der Hoffnung auf kommerziellen Erfolg kann auch kein Beweggrund dafür gefunden werden, einige Gedanken von Coelho aus seinen Büchern zu zitieren und in einem schmalen „Liebesbändchen“ zusammenzustellen. Bestimmt nicht zufällig erschien das Buch rund zwei Wochen vor dem diesjährigen Valentinstag. Zweifellos hat es einigen Glücklichen als Geschenk für den Liebsten oder die Liebste gedient. Als Begleiter auf dem Nachttisch neben dem Bett ist das Buch auch geeignet, denn wer nur wenige Sätze lesen möchte, bevor sich die Augen abends schließen, der wird diese Zitatesammlung gerne zur Hand nehmen. Vielleicht animiert die kurzweilige Lektüre dann sogar zum Kauf der „echten“ Coelho-Werke. Das wäre ein Erfolg.

Titelbild

Paulo Coelho: Liebe. Gedanken aus seinen Büchern.
Übersetzt aus dem Brasilianischen von Cordula Swoboda Herzog und Maralde Meyer-Minnemann.
Diogenes Verlag, Zürich 2010.
128 Seiten, 16,90 EUR.
ISBN-13: 9783257067576

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