Briefmarken auf den Zungen Ermordeter

Heinrich Steinfests Roman „Batmans Schönheit“ als Hörbuch

Von Martin GaiserRSS-Newsfeed neuer Artikel von Martin Gaiser

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Jetzt ist es soweit, jetzt hat sich Heinrich Steinfest selbst übertroffen! Mag sein, dass das früher schon so schien, doch mit „Batmans Schönheit“ schießt der Österreicher den Vogel ab. All die Zutaten, die man aus den tollen Büchern kennt – seien es die Cheng-Romane, die herrlichen Krimis um den eigenartigen Kommissar Lukastik oder das großartige „Lili Steinbeck“-Buch – findet man hier wieder: eine kuriose Story, schräges Personal, liebenswürdige Petitessen am Rande und natürlich Wort- und Sprachwitz, der selbstbewusst am obersten Rand der Originalitäts- und Komikskala rangiert. Und natürlich ist dieser Roman, dessen Untertitel „Chengs letzter Fall“ lautet – ein waschechter Krimi, zumindest im Universum des Heinrich Steinfest.

Worum geht es? Zunächst um Markus Cheng, der mittlerweile eigentlich Markus Rubinstein heißt – hat er doch die betörend schöne Ginette Rubinstein geheiratet, mit welcher er nun zusammenlebt – plus deren Tochter. Dann geht es um einen Künstler namens Red, der in Hamburg in den Dunstkreis eines zwielichtigen Sammlers gerät, welcher ihm auf den Kopf zusagt, dass er, Red, eines Tages für ihn arbeiten wird. Die Vorhersage trifft zu und beschert Red eine Zeitlang ein schönes Leben. Doch er macht ein paar Fehler, die seine Verbannung nach sich ziehen, weswegen er sich schon bald in Wien wiederfindet. Dort werden diverse Schauspielerinnen und Schauspieler umgebracht, immer mit fünf Schüssen und einer seltenen Briefmarke auf der Zunge. Alle Opfer sind im Besitz eines Buches über den Privatdetektiv Markus Cheng. Hier spielt Steinfest nun seinen ganzen Witz, seine Intelligenz und sympathische Dreistigkeit aus, nämlich indem er so tut, als sei das vorliegende Buch kein Buch, sondern die Realität, in welcher es einen Ex-Detektiv Cheng gibt, der sehr wohl weiß, dass es da Bücher gibt, die ihn und seine Fälle zum Gegenstand haben, die er selbst aber nicht kennt.

Herrlich verzwickt und verzwirbelt, wunderbar leicht, aber schön anspruchsvoll – Mitdenken ist oberstes Gebot. Nun ist das Ganze aber nicht nur der großartige Roman, der hier bereits in Ansätzen und trotzdem oder gerade deshalb völlig unzureichend beschrieben wurde, sondern das mindestens so großartige Hörbuch. Zwar gekürzt, doch famos – ach was, sensationell gelesen von Dietmar Mues, der hörbar viel Spaß an diesem Text gehabt hat, dessen Fähigkeit zur kunstvoll gedehnten Pause, eingesetzt zum exakt richtigen Zeitpunkt (von dem man vorher nicht wusste, dass es der Zeitpunkt für eine kunstvolle Pause sein oder werden könnte), nicht genug zu rühmen ist. Dazu kommt seine Lust am Dialekt, die er nie übertreibt; seine herrliche Art, Erstaunen in Modulation zu übertragen. Es ist ein großer Genuss und ein doppeltes Vergnügen, da kluge, gewitzte Unterhaltung auf einen nicht besser zu besetzenden Sprecher trifft.

Titelbild

Heinrich Steinfest: Batmans Schönheit. Chengs letzter Fall.
gekürzte Lesung, ca. 317 Minuten; gelesen von Dietmar Mues.
Hörbuch Hamburg Verlag, Hamburg 2010.
19,95 EUR.
ISBN-13: 9783869520575

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