Kurs Island – Friedhelm Rathjen ist mit der „Lesefähre“ durch Golfstromeuropa gefahren

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Gute Bücher sind wie der Golfstrom: Sie können das mitunter eisige Meer des Lebens erwärmen, und dies nicht zuletzt, weil sie aus fernen Gegenden kommen. Welche Bücher aber sind gute Bücher? Es gibt verschiedene Methoden, es herauszufinden. Man kann die Bücher einfach lesen und es ausprobieren – auf die Gefahr hin, enttäuscht zu werden und viel Lesezeit zu vertun; man kann warten, bis die Bücher in der Literaturgeschichte angekommen sind, und sodann dem Kanon folgen – auf die Gefahr hin, es nicht mehr zu erleben; man kann dem Urteil verlässlicher Ratgeber folgen und lesen, was andere empfehlen – auf die Gefahr hin, unter dem Diktat des fremden Geschmacks den eigenen zu verlieren.

Dieses Buch handelt von Büchern, die gelesen wurden. Zunächst einmal nur vom Autor und nicht von seinen Lesern. Es sind zum großen Teil Bücher, die noch nicht in der Literaturgeschichte angekommen sind, die meisten sind sozusagen noch warm, aber das muss nicht gegen sie sprechen. Und zu allen Büchern werden Urteile abgegeben, denen man folgen kann, ohne es zu müssen – die Urteile sind begründet, und im Idealfall ist das Buch ein Ratgeber, der sich gegen den Strich lesen lässt, indem die Leserinnen und Leser nämlich aus dem, was der Autor über die behandelten Bücher schreibt, ganz andere Urteile ziehen. Es geht also nicht darum, ein Buch einfach als ‚gut‘ oder als ‚schlecht‘ hinzustellen, sondern darum, es so vorzustellen, dass jeder Leser und jede Leserin eine Vorstellung davon bekommt, ob sie oder er das jeweilige Buch ‚gut‘ oder ‚schlecht‘ finden könnte.

Nicht nur mit metaphorischen Fähren (den Transportmitteln der Übersetzung), sondern auch mit ganz konkreten Fähren lässt sich die Route, die mit der Auswahl der vorgestellten Bücher und ihrer Anordnung beschrieben wird, nachfahren. Natürlich kann man die beschriebene Reise aber auch komplett im Lesesessel absolvieren; Lust gemacht werden soll eher aufs Lesen als aufs Reisen.

Besonders ausführlich behandelt werden James Kelman, Halldór Laxness, John Cowper Powys, Salman Rushdie, Robert Louis Stevenson und Dylan Thomas; außerdem geht es um Bücher von Nicola Barker, Alex Benzie, Gudbergur Bergsson, Gyrðir Elíasson, Charles Fernyhough, Einar Már Guðmundsson, Paavo Haavikko, William Heinesen, Hallgrímur Helgason, Richard Jefferies, B.S. Johnson, A.L. Kennedy, Tom Kristensen, Wyndham Lewis, Jon McGregor, Magnus Mills, Andrew O’Hagan, Sybren Polet, Steinunn Sigurdardóttir, Edward St Aubyn, Laurence Sterne, Graham Swift, Edward Thomas, Adam Thorpe, Jeff Torrington. Viele unbekannte Namen? Eben darum geht es – um die Chance, neue Entdeckungen zu machen.

Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert grundsätzlich nicht die Bücher von regelmäßigen Mitarbeiter / innen der Zeitschrift sowie Angehörigen der Universität Marburg. Deren Publikationen können hier jedoch gesondert vorgestellt werden.

Titelbild

Friedhelm Rathjen: Kurs Island! Mit der Lesefähre durch Golfstromeuropa.
Edition ReJOYCE, Scheeßel 2011.
198 Seiten, 30,00 EUR.
ISBN-13: 9783000344466

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