Dorothea Heinig untersucht und kommentiert „Die Jagd im ‘Parzival‘ Wolframs von Eschenbach“

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wolfram von Eschenbach beschreibt in seinem „Parzival“ immer wieder Jagdszenen, entnimmt seine Bilder und Metaphern dem Bereich der Jagd und hier oftmals der Beizjagd und kann dabei ganz ohne Zweifel das Wissen des zeitgenössischen Publikums um Vorgänge, Techniken und Fachtermini sowie die Freude an diesem adligen Zeitvertreib voraussetzen. Die Jagd in all ihren Formen war wichtiger Bestandteil adligen Lebens- und Selbstverständnisses und höfischer Repräsentation.

Es zeigt sich, dass Wolframs Bilder und die Rückschlüsse, die die Rezipienten daraus ziehen können (zum Beispiel die Beurteilung einer Figur durch den Autor), nicht isoliert dastehen, sondern sich in ähnlicher Form auch in den Werken anderer Dichter finden und zwar in allen Gattungen (Roman, Heldenepik, Lied, lehrhafte Dichtung). Dies belegt, wie tief die Jagd mit ihrer Bilderwelt in die Literatur der Zeit eingedrungen ist und diese Bezüge gewiss vom Publikum immer wieder herausgehört, vielleicht auch eingefordert und dann mit Beifall belohnt wurden. Ein solches System von Bildern und Verweisen ist für den adligen Jäger und die adlige Jägerin der Zeit um 1200 leicht zu entschlüsseln, bereitet dem heutigen Leser, dem jagdliche Techniken und Begriffe meist unbekannt sind, jedoch oftmals große Schwierigkeiten. Angesichts der zahlreichen Teil- und Gesamtkommentare von Wolframs Roman ergibt sich hieraus auch eine weitere Rechtfertigung dieses Kommentars. Historische Gegebenheiten wie zum Beispiel das ausschließliche Jagdrecht der Kaiser und Könige sollten ebenfalls als Hintergrund gedacht werden, bevor der „Parzival“ gelesen werden kann.

Das Beiheft bietet einen begrenzten Gesamtkommentar, der seinen Rahmen durch die Beschränkung auf das behandelte Thema erhält – die Jagd in ihren verschiedenen Formen: die Hetzjagd und die Pirschjagd auf Rotwild und Schwarzwild, die Beizjagd mit kostbaren abgerichteten Greifvögeln und auch die Fischerei und das Angeln als sittsamer höfischer Zeitvertreib. Der Kommentar folgt fortlaufend dem Text und erklärt in Wort und Bild Jagdszenen und Jagdbilder, aber auch einzelne Begriffe und sprichwörtliche Redewendungen. Die verwendeten Abbildungen, vor allem aus dem Codex Manesse, ordnen die kommentierten Textpassagen in die höfische Lebenswelt ein, veranschaulichen aber auch Gegenstände und Techniken. Einzelne Aspekte (Jagd- und Forstrecht, höfische Erziehung und minne, die Vorstellung vom idealen Herrscher) werden durch eingeschobene Exkurse vertieft.

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Ein Beitrag aus der Mittelalter-Redaktion der Universität Marburg

Titelbild

Dorothea Heinig: Die Jagd im 'Parzival' Wolframs von Eschenbach. Stellenkommentar und Untersuchungen.
Hirzel Verlag, Stuttgart 2012.
156 Seiten, 36,00 EUR.
ISBN-13: 9783777621302

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