Jazz-Session mit schrägen Improvisationen

Über Monika Zeiners Debütroman „Die Ordnung der Sterne über Como“

Von Anton Philipp KnittelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Anton Philipp Knittel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mit „Die Ordnung der Sterne über Como“ legt die 42-jährige promovierte Literaturwissenschaftlerin und Sängerin Monika Zeiner, die bereits mehrere Hörspiele veröffentlicht hat, ihr erzählerisches Debüt vor. Die gleichermaßen poetische wie berührende Liebes- und Freundschaftsgeschichte schaffte es im vergangenen Jahr auf die Shortlist für den Deutschen Buchpreis. Für einen Auszug aus der Dreiecksgeschichte um die Musiker Tom Holler, Marc Baldur und die Sängerin Betty Morgenthal erhielt Zeiner 2013 auf der lit. Cologne den Publikumspreis.

Tom Holler, dessen Ehe gerade in die Brüche gegangen ist, möchte seinem Leben ein Ende setzen, als ihn ein Anruf aus Italien erreicht. Betty, seine große Liebe und ehemalige Freundin seines einzigen Freundes Marc, inzwischen Anästhesistin in Neapel, hat vom geplanten Auftritt von Toms Jazzband gelesen und möchte ihn wiedersehen: „Das Leben ist echt die allerkomischste Angelegenheit auf der ganzen Welt, dachte er, während er das Glas, das er eigentlich schon zu vergessen begonnen hatte, durch eine vielleicht unbedachte, vielleicht gezielte Bewegung seines Ellenbogens hinabstürzte und auf den Dielen zersprang.“

Der Seitensprung Toms mit Betty auf einem Campingplatz unterm Sternenhimmel am Comer See, den sie Marc „beichtet“ und der kurz darauf erfolgte Tod Marcs bei einer Gletscherwanderung liegen zu Beginn des Romans zehn Jahre zurück. In zahlreichen Perspektiv- und Zeitwechseln eröffnet Zeiner ein Panorama eines künstlerischen Lebensgefühls im Berlin zu Beginn der 1990er-Jahre. Dort finden sich der verträumte Jazzpianist Tom Holler und der genialische „Stipendienvernichter“ Marc Baldur. Tom, Klavierlehrer und Liebhaber der reichen Unternehmensgattin Anne Hermanns, lernt die Medizin- und heimliche Musikstudentin Betty kennen, als sie die Hermannsschen Hunde ausführt. Bei einem Konzert stellt er sie vor: „‚Das ist Marc‘, sagte Tom. ‚Mein bester Freund. Das ist Betty, meine beste Freundin‘.“

Nicht immer jedoch kann Zeiner diese ebenso lakonische wie leichte, hin und wieder auch traurig-komische Tonlage halten: „Später an diesem Abend trat ein Mädchen namens Nicki in Toms Leben. Und trat auch schnell wieder hinaus.“ An manchen Stellen wirkt die Fülle der Zeiner’schen Metaphern und Sprachbilder zu gewollt, wenn etwa Tom bei Marc den Eindruck hatte, „in den weiten Joggingklamotten seiner eigentlichen Seele unterwegs sein zu dürfen“, oder wenn vom „Luftkissenboot der Höflichkeit“ die Rede ist.

Wenngleich dem einen oder anderen vielleicht die Konstruktion des Romans als zu überladen erscheinen mag – immerhin wird nicht nur über Liebe und Freundschaft, sondern zudem über Sein und Zeit philosophiert – so entschädigen vielfach auch witzige Sprachbilder. Entstanden ist dabei ein unterhaltender und poetisch unterlegter Text – eine beschwingte Jazz-Session, die nachklingt, mögen auch schräge Improvisationen an manchen Stellen nicht von allen goutiert worden sein.

Titelbild

Monika Zeiner: Die Ordnung der Sterne über Como. Roman.
Blumenbar Verlag, München 2013.
607 Seiten, 19,99 EUR.
ISBN-13: 9783351050009

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