Holocaust-Literatur als jüdische Literatur
Paul Celans „Todesfuge“
Von Dieter Lamping
1. Gedichte nach Auschwitz und über Auschwitz
Keine Gruppe literarischer Werke stößt auf so grundsätzliche Vorbehalte wie die Dichtung über den Völkermord an den europäischen Juden. Ob die poetischen Darstellungen des Holocaust[1] künstlerisch gelingen oder mißlingen – den Kritikern sind sie gleichermaßen verdächtig. Gelingen sie, müssen sie mit dem Vorwurf rechnen, aus dem Schrecklichen ästhetisch Kapital geschlagen, ja das Grauen beschönigt zu haben. Mißlingen sie jedoch, ziehen sie den Vorwurf auf sich, zwar gut gemeint, ihrem Gegenstand aber nicht gewachsen zu sein. Der eine Verdacht ist so ruinös wie der andere. Es existiert kaum ein bekanntes Werk der Holocaust-Literatur, das nicht einem von beiden ausgesetzt gewesen ist. Das mag den Eindruck hervorgerufen haben, hier könne es, so oder so, nur ein Scheitern geben. Nach Ansicht vieler Kritiker jedenfalls entzieht sich die Shoah einer poetischen Darstellung. Auschwitz ist ihnen eine Chiffre für all das, was mit den Mitteln der schönen Literatur nicht mehr faßbar ist.
In die literaturkritische wie die literaturwissenschaftliche Beschäftigung mit der Dichtung über den Holocaust sind deshalb von Anfang an grundsätzliche Zweifel an ihrer Legitimität eingegangen. Ihre Problematik ist zumeist im Anschluß an das Wort Adornos erörtert worden, „nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben“ sei „barbarisch“.[2] Dieser Satz ist von vielen Interpreten – wohl nicht gegen die Absicht Adornos – auch so verstanden worden, als sei es erst recht barbarisch, Gedichte über Auschwitz zu schreiben. Adorno selbst hat den zunächst apodiktisch formulierten, durch seine Kulturkritik allerdings begründbaren Ausspruch in seinem Essay über „Engagement“ in diesem Sinn erläutert – bevor er ihn in der „Negativen Dialektik“ zurückgenommen hat.[3]
Als er seinen Satz über Gedichte nach Auschwitz veröffentlichte, gab es bereits Dichtung über den Holocaust, auch in deutscher Sprache. Die „Todesfuge“ ist zuerst 1947, übersetzt von Petre Solomon, in rumänischer, 1948 dann in dem Gedichtband „Sand in den Urnen“ auch in deutscher Sprache veröffentlicht worden, ehe sie 1952 Eingang in Celans zweite Lyriksammlung „Mohn und Gedächtnis“ gefunden hat. Nelly Sachs‘ Zyklus „In den Wohnungen des Todes“ kam gleichfalls bereits 1947 heraus. „Noch ehe der fatale Satz formuliert war, war er schon von großen Dichtern widerlegt“, hat Hilde Domin deshalb festgestellt.[4] Daß sich Adornos provozierender, offenbar auf Schock hin kalkulierter Satz angesichts der Holocaust- Lyrik nicht aufrechterhalten ließ, ist aber nicht nur von Hilde Domin behauptet worden. Wie Enzensberger in den Gedichten der Nelly Sachs,[5] so hat Peter Szondi in Celans Poem „Engführung“ „die Widerlegung der allzu berühmt gewordenen Behauptung Adornos“[6] gesehen.
Adorno mag das Verdienst gebühren, mit seinen Äußerungen die Problematik jeder Literatur nach Auschwitz und zumal über Auschwitz deutlich gemacht zu haben: Die unaufhebbare Spannung zwischen ihrer ästhetischen Verfaßtheit und den daraus sich ergebenden Verfahren einerseits und dem Grauen ihres historischen Gegenstands andererseits führt jede poetische Repräsentation der Judenvernichtung in die Aporie. Die Vorgängigkeit der Theorie hat jedoch die Rezeption der Holocaust-Literatur in Deutschland bestimmt – und eher behindert als gefördert. Die Intensität, mit der das Dilemma einer Dichtung über den Holocaust theoretisch erörtert wurde,[7] fand lange Zeit keine Entsprechung in der konkreten Beschäftigung mit solcher Literatur.
Auf diese Weise sind nicht nur große Teile etwa der jiddischen und hebräischen Holocaust-Dichtung bis heute in Deutschland unbekannt geblieben.[8] Auch die Bedeutung, die der Darstellung der Shoah innerhalb der jüdischen Literatur zukommt, ist in der Diskussion zuwenig berücksichtigt worden. Mit Adornos Hinweis, das „perennierende Leid“ habe „soviel Recht auf Ausdruck wie der Gemarterte zu brüllen“,[9] dürfte sie jedenfalls kaum erfaßt sein. Bezeichnenderweise ist bislang in der deutschen Diskussion nur selten die Frage gestellt worden was es bedeutet, daß die Holocaust-Dichtung jüdische Literatur ist. Daß sie es sei, ist allerdings immer wieder bestritten oder einfach übersehen worden. So hat etwa Peter Horst Neumann in einer sensiblen Interpretation der „Todesfuge“ behauptet, daß in ihr das „Judenleid als Menschenleid“ erscheine.[10] Die humane Absicht einer solchen Formulierung mag unmittelbar einleuchten. Dennoch lenkt sie davon ab, daß es sehr wohl ein besonderes „Judenleid“ ist, daß in Gedichten über die Shoah zum Ausdruck kommt.
2. Der ,historische Gehalt’ der „Todesfuge“
Nicht alle Dichtung über den Holocaust ist jüdische Literatur. Gedichte wie etwa Czeslaw Milosz‘ „Armer Christ sieht das Ghetto“, Randall Jarrells „A Camp in the Prussian Forest“, Hans Magnus Enzensbergers „Die Verschwundenen“ oder Wolfdietrich Schnurres „Befragung des Kalks“ sind erkennbar von Nicht-Juden geschrieben. Sie nahem sich dem grauenhaften Geschehen aus dem Abstand derer, die von ihm nicht unmittelbar betroffen sind. Jüdische Literatur ist Dichtung über den Holocaust allerdings nicht schon dadurch, daß ihre Verfasser jüdischer Herkunft sind. Ein Gedicht wie „All There is to Know about Adolf Eichmann“ von Leonard Cohen läßt kaum erkennen, daß sein Autor Jude ist. Daß er die Unauffälligkeit Eichmanns zum Thema macht, offensichtlich angeregt durch Hannah Arendts These von der Banalität des Bösen, ist allein jedenfalls noch kein Indiz dafür. Andere Werke der Holocaust-Dichtung signalisieren dagegen deutlich ihre Zugehörigkeit zur jüdischen Literatur – Nelly Sachs‘ Zyklus „In den Wohnungen des Todes“ etwa schon durch die Wahl eines Mottos aus dem Buch Hiob.
In welcher Weise Dichtung über den Holocaust jüdische Literatur sein kann, verdeutlicht das berühmteste Beispiel dieser Art: Paul Celans „Todesfuge“. Jüdische Literatur ist dieses Gedicht schon dadurch, daß es, sowohl objektiv wie subjektiv, Darstellung einer jüdischen Erfahrung ist. Celan ist, zusammen mit Jizchak Katzenelson und Abba Kovner, einer der wenigen jüdischen Dichter, denen die „Enzyklopädie des Holocaust“ einen eigenen Artikel gewidmet hat. Diese Auszeichnung verdankt er aber nicht einer besonderen Rolle, die er in der Zeit der Verfolgung und Vernichtung der europäischen Juden gespielt hätte. Anders als Katzenelson, dessen literarische Werke „das tägliche Leben“ im Warschauer Ghetto beeinflußten[11] und nach dem das Ghettokämpfer-Museum im Kibbuz Lochamei Hagetaot benannt ist, war Celan keine führende Persönlichkeit des Arbeitslagers, in dem er interniert war. Anders als Abba Kovner, der der „Fareinikte Partisaner Organisatzije“, einer jüdischen Kampfgruppe in Wilna angehörte, war er auch kein Partisanenführer.[12] Celan verdankt seine Aufnahme in die „Enzyklopädie“ allein seinem literarischen Werk, das erkennbar „im Zeichen der Schoah“[13] steht.
Das gilt nicht nur für die „Todesfuge“, für sie jedoch besonders. Der „historische Gehalt“[14] des Gedichts ist unzweifelhaft. Auch wenn, so Peter Horst Neumann, der „Ort des Geschehens“ als ein „ganz surrealer Ort“ erscheint, „surreal vor allem durch die Art, wie sich hier Kunst und Grauen durchdringen“, hat das Gedicht doch „die Realität der Lager in sich aufgenommen“: „mit befohlenem Wohlklang, Fideln und Tanzen (,er befiehlt uns spielt auf’) müssen die Ausgelöschten ihre Erniedrigung als schönes Fest begehen“.[15] Bezeichnenderweise ist die rumänische Übersetzung der „Todesfuge“ mit den Worten eingeleitet worden:
Das Gedicht, dessen Übersetzung wir veröffentlichen, geht auf Tatsachen zurück. In Lublin und anderen Todeslagern der Nazis wurde ein Teil der Verurteilten gezwungen aufzuspielen, während ein anderer Gräber schaufelte.[16]
Tatsächlich ist die „Todesfuge“ wohl das erste – literarische – Werk, das Musik im Konzentrationslager zum Thema hat.[17] Der Ort des Gedichts ist als ein Vernichtungslager, seine Personen sind als jüdische Opfer und deutsche Täter zu identifizieren. Anders als in späteren Gedichten Celans wie etwa der „Engführung“ gibt es in der „Todesfuge“ noch eine „Repräsentation“ der schrecklichen Wirklichkeit der Lager.[18] Darstellung einer jüdischen Erfahrung ist sie allerdings nicht nur in diesem objektiven Sinn, daß sie sich auf ein Ereignis der jüdischen Geschichte bezieht. Die Verfolgung und Vernichtung wird vielmehr aus der Perspektive der Juden als etwas Selbst-Erfahrenes dargestellt. Das grammatische Indiz dafür ist in der „Todesfuge“ die Wir-Form. Im Chor der Internierten wird in einem nicht bloß musikalischen Sinn jüdischer Erfahrung eine Stimme verliehen. Dieses pluralische Sprechen, das für die Holocaust-Lyrik insgesamt durchaus typisch ist,[19] signalisiert die Perspektive der Opfer. Es ist untrennbar verbunden mit kollektiver Zwangsarbeit und mit kollektivem Tod: „wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng“. Der massenhafte Tod und die Anonymität der Opfer verweisen auf das „Ende der individuellen Humanität“,[20] die keine personale Identität mehr zu erlauben scheint, auch nicht im Gedicht.
3. Die Form der „Todesfuge“ und das „Hohelied“
Jüdische Holocaust-Dichtung ist die „Todesfuge“ nicht nur durch ihr Thema und ihre Perspektive, sondern auch durch ihre Beziehungen zur jüdischen Literatur, die über die Form ebenso wie über Motive hergestellt werden. Die „Todesfuge“ ist ein anspielungsreiches, verweisungsmächtiges Gedicht. Nicht bloß Goethes „Faust“, Bachs Arie „Komm, süßer Tod“ und Puccinis „Tosca“, auch Gedichte von Rilke, Werfel und Trakl, ja selbst von Rimbaud sind als Prätexte identifiziert worden.[21] Die Bezüge zu jüdischer Literatur scheinen dagegen weniger prominent zu sein. Die vermeintliche „Abhängigkeit“[22] der „Todesfuge“ von Gedichten Rose Ausländers und Immanuel Weissglas‘ ist wohl eingehend erörtert worden.[23] Auch ist gelegentlich der Ursprung der Metapher von der „schwarzen Milch“ in den Klageliedern des Jeremias vermutet worden.[24] Und John Felstiner hat in dem Vers „wir trinken und trinken“ sogar eine Anspielung auf Heines Gedicht „Die Weber“ gelesen („Wir weben und weben“). Doch scheinen alle diese Nachweise wenig aufschlußreich zu sein. Das mag auch damit zusammenhängen, daß die Referenzen, wenn sie welche sind, im Text nicht markiert und vom Autor nicht akzentuiert worden sind. Außerdem muten die Hinweise durchweg punktuell an – gerade im Vergleich mit der großen Zahl der vorderhand aussagekräftigeren Verbindungen zur modernen Lyrik. Wohl deshalb ist nur selten der Versuch unternommen worden, die „Todesfuge“ in den Zusammenhang der jüdischen Literatur zu stellen. Zwei Möglichkeiten der Einordnung zeichnen sich dabei ab – je nachdem, ob man die „Todesfuge“ als Kaddisch oder als Psalm versteht.
Amy Colin hat behauptet, daß die „Todesfuge“ durch ihre „repetitive strucrure and monotonous melody“[25] an jüdische Gebete erinnere, und in ihr deshalb eine Art Kaddisch gesehen:
Perhaps, the „Todesfuge“ is the Kaddish of the secularized poet Celan, who has called upon the entire European tradition to create poems in which he could utter the unspeakable. Perhaps this is the Kaddish of the agnostic who lost his family, his home, his people, but who unconsciously continues the gestures of the religious person in Mircea Eliade’s sense, that is, in the way the profane takes on characteristics of the sacred.[26]
In ihrem Verzicht auf eine philologische Argumentation ist diese Deutung allerdings ungenau, mehr Vermutung als Befund. Gegen die – paradoxe – Charakterisierung der „Todesfuge“ als ,Kaddisch eines säkularisierten Dichters’ spricht, daß das grundlegende Merkmal eines Gebets nicht erfüllt ist: die Hinwendung zu Gott. Zudem ist weniger das gebetsartige Sprechen als das Singen kennzeichnend für das Gedicht. Das Motiv des Gesangs scheint aber eher eine Verbindung zu den Psalmen herzustellen. Als Lieder, die zu einem Begleitinstrument gesungen wurden, ist für sie der Gesang konstitutiv.
Allein in einem Drittel der Psalmen findet sich zu Beginn eine Erwähnung des Singens. John Felstiner hat daher auch in dem Vers: „Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr andern singet und spielt“ eine Anspielung auf Psalm 137,3.4. gelesen: „Denn dort hießen uns singen, die uns gefangen hielten,… Wie sollten wir des Herrn Lied singen in fremden Landen?“[27] Anklänge an die Psalmen kann man aber nicht allein an dieser Stelle heraushören, und zwar vor allem an solche, in denen das Volk Israel Unrecht und Unterdrückung beklagt. Nicht nur Psalm 137 gehört zu ihnen, auch beispielsweise Psalm 83 und 94. Diese Tradition der Klagelieder ist in der deutsch-jüdischen Literatur durchaus lebendig geblieben – wie etwa noch Heines „Lamentationen“ aus dem „Romanzero“ belegen.
Zusammen mit den Motiven des Singens und Klagens mag auch die eigentümliche „Textur aus Repetition und Refrain“,[28] auf der wesentlich die suggestive Wirkung der „Todesfuge“ beruht, Verweisungscharakter haben. Seit Robert Lowths „De sacra poesie Hebraeorum praelectiones“ gilt der Parallelismus membrorum als das strukturbildende Prinzip der Psalmen. Die zahlreichen Wiederholungs-Figuren der „Todesfuge“ können deshalb auch als ein Form-Zitat verstanden werden. Die Anspielungen auf die Psalmen-Literatur mögen zu der „Fülle historischer und kultureller Signale“ gehören, „die das Gedicht aussendet“;[29] dominant sind sie allerdings nicht, weder für die „Todesfuge“ im Ganzen noch für ihre Verbindungen zur jüdischen Literatur, und sie scheinen auch nicht unbedingt eindeutig zu sein. Von zentraler Bedeutung für die Verbindung der „Todesfuge“ mit der jüdischen Literatur ist vielmehr das einzige markierte Zitat aus der jüdischen Überlieferung: der Name Sulamith.
Auch wenn der Bezug auf das „Hohelied“ offensichtlich erscheint, ist er doch kaum richtig gewürdigt worden. Bezeichnend ist die Interpretation Barbara Wiedemann-Wolfs, die den Namen vor allem in eine Verbindung mit dem poetologischen Charakter des Gedichts gebracht hat:
Daß Literatur auch Thema des Gedichts ist, zeigen schon Margarete und Sulamith, die für zwei große Werke deutscher und jüdischer Literatur stehen, den „Faust“ und das „Hohe Lied“. Der Ausgang der beiden Werke wird von Antschel allerdings als durch die Realität des Dritten Reichs revidiert gezeigt, und zwar durch die Epitheta: Nicht Gretchen, sondern Sulamith mit dem „aschenen Haar“ wird nun vom Tod bedroht. Und nicht Sulamith, sondern dem goldhaarigen Gretchen fliegen die Herzen zu.[30]
Nicht nur einzelne Formulierungen erscheinen hier dem Text wenig angemessen – etwa die, Sulamith sei „nun vom Tod bedroht“, oder die, „dem goldhaarigen Gretchen“ flögen „die Herzen“ zu. Auch die Voraussetzung dieser Deutung ist problematisch: die Unterstellung, Sulamith sei, wie Margarete, ein Zitat, das metonymisch für ein literarisches Werk ,stehen’ soll. Somit wäre der Name Teil eines poetologischen Diskurses, der den Charakter einer mit dem Gegensatz von Literatur und Realität argumentierenden Kontradictio hätte.
Das „Hohelied“ ist jedoch nicht nur durch den Namen Sulamith in der „Todesfuge“ präsent. Ein Vergleich fördert erheblich mehr Verbindungen zutage. Fast alle Motive des modernen Gedichts sind im biblischen Text vorgeformt: der Tanz („Hoheslied“ 7, 1), die Milch (4, 11; 5, 1), das Gold (1,11; 5,11 und 14), das Haar (4,1; 5,5; 7,6), schließlich auch das Trinken: „trinke meinen Wein samt meiner Milch“, heißt es etwa im „Hohenlied“ 5,1.
Diese Verbindungen zwingen dazu, das Verhältnis zwischen beiden Texten neu zu bestimmen. Das „Hohelied“ ist nicht nur eine Quelle der „Todesfuge“; es ist ihre Vorlage. Das moderne Gedicht ist aber nicht die Parodie des biblischen, auch nicht seine Kontradictio; es ist seine Kontrafaktur. Die „Todesfuge“ bezieht sich schon durch die Verwendung des Namens Sulamith erkennbar auf das „Hohelied“ und wahrt zugleich durch die Übernahme einiger Motive eine deutliche Nähe zu ihm. Sie nutzt jedoch, wie es für eine Kontrafaktur kennzeichnend ist, dessen „kommunikatives Potential“[31] für eine eigene Botschaft aus, die von der Aussage der Vorlage abweicht.
Die biblischen Motive erfahren im modernen Gedicht unübersehbare Veränderungen. Sie alle werden in den Motivkomplex des massenhaften Todes hineingenommen: die Milch wird schwarz, das Haar aschen, der Reigentanz zum Totentanz. Das Gold, im „Hohenlied“ ein Attribut Salomos und Sulamiths, ist nun eines der Margarete. Die Veränderungen der Motive gehen einher mit dem Wechsel der Gattung: aus dem Liebeslied wird eine Totenklage. Zu dieser Transformation gehört auch ein Wandel der Redeweise.[32] Die „Todesfuge“ besteht aus Chorrede, in die die Rede eines Einzelnen, des „Meisters aus Deutschland“, eingebettet ist und an die sich eine andere Einzelrede („Dein aschenes Haar Sulamith“) anschließt. Diese Rede-Struktur ist nur in gewisser Hinsicht im „Hohenlied“ vorgeformt. Es besteht aus der Rede zweier Personen, die eine jeweils an die andere gerichtet; beide werden von Chorrede begleitet. Die veränderte Rede-Struktur wird durch die veränderte Adressierung vollends deutlich. Ist es im „Hohenlied“ Sulamith, die ebenso wie Salomon selbst spricht, so wird sie in der „Todesfuge“ nur angeredet. Sie verwandelt sich vom Subjekt zum Objekt der Rede.
Diese deutliche Verwandlung der Redestruktur verdankt sich dem Gattungs-Wechsel vom Liebeslied zur Totenklage. Die Liebenden sprechen nicht mehr miteinander: die Geliebte ist schon tot. Die Anrede gilt einer Abwesenden, die allein in der Sprache noch anwesend ist. Sie wird nur scheinbar noch angeredet; in Wirklichkeit wird über sie gesprochen. Die Anrede „Dein aschenes Haar Sulamith“ stellt tatsächlich ihren Tod fest.
Es bleibt allerdings die Frage, welche Bedeutung der Name Sulamith hier hat. Nach der Interpretation Theo Bucks wird mit ihm „die lyrische Traditionslinie des exemplarischen jüdischen Frauenbilds im ,Hohenlied’ eingebracht“.[33] Dabei nehme Celan aber eine „aufschlußreiche Veränderung“ vor, indem er in den „idealen Gegensatz“ der „Bräute des Alten und Neuen Testaments, Sulamith und Maria“ „das deutsche Idealbild des ,golden’-haarigen Gretchens“ einführe.[34] Diese Interpretation argumentiert jedoch mit einer Tradition, die kaum die Celans gewesen ist. Der Gegensatz zwischen Sulamith und Maria ist weniger ein Motiv der jüdischen als der christlichen Literatur – worauf im übrigen schon Bucks Gewährsmann, Franz Pforr, der Autor von „Sulamith und Maria“, hindeutet.
Mit dem Namen Sulamith ist auch mehr angesprochen als nur eine ideale Geliebte. Zwar gibt es eine Tradition jüdischer Liebesdichtung, in deren Mittelpunkt die schöne Sulamith steht. Abraham Goldfadens Drama „Sulamith“, das Kafka ausführlich beschrieben hat,[35] gehört, wenngleich eher am Rand, in diese Tradition, ebenso Heine mit seinem Gedicht „Salomo“ aus dem „Romanzero“ oder Else Lasker-Schüler mit ihrem Gedicht „Sulamith“ aus „Styx“. Dennoch verbindet sich mit dem Namen Sulamith in der jüdischen Tradition nicht allein die Vorstellung der schönen Geliebten.
Schon Heinrich Graetz hat in seiner „Volkstümlichen Geschichte der Juden“ darauf hingewiesen, daß das „Hohelied“ eine Art Gegengedicht zur griechischen Liebeslyrik darstellt:
Der sinnige Dichter hatte sich in der griechischen Welt umgesehen, sich an dem Zauber ihrer Sprache gelabt und ihr manchen Kunstgriff abgesehen, besonders die Form, einen Hirten und eine Hirtin auftreten zu lassen und ihnen Liebesgespräche in den Mund zu legen. Aber mit der Harmlosigkeit dieser ätherischen Poesie hat der Dichter auf die Schäden der Zeit aufmerksam machen wollen. Im Gegensatze zur unsaubern, unkeuschen Liebe der griechischen Welt schuf er ein Idealwesen, eine Hirtin Sulamith, die schöne Tochter Amindabs, welche eine tiefe, innige, unverlöschliche Liebe zu einem Hirten, der „unter Lilien weidet“ im Herzen trägt, aber dennoch und eben dadurch keusch und züchtig bleibt.[36]
Dieser Gegensatz zum griechischen Liebesverständnis, der in die Konzeption des „Hohenlieds“ eingegangen ist, verweist auf eine tiefere Differenz: die oft beschworene zwischen Athen und Jerusalem. Sie ist exemplarisch faßbar in einer Geschichte wie Jizchak Leib Peretz‘ „Venus und Sulamith“, die die Opposition zwischen der jüdischen und der griechischen Konzeption der Liebe aufgreift. Dieser jiddische Dialog zwischen zwei Jeschiwes-Bochers dreht sich allerdings nur vorderhand um den Unterschied zwischen der griechischen Göttin der Liebe und dem „Ideal der wahren jüdischen Tochter“.[37] Der Unterschied zwischen den beiden Frauengestalten steht vielmehr für die Differenz zwischen griechischer Mythologie und jüdischem Glauben. Der eine Talmud-Schüler belehrt am Ende den anderen, „daß die ganze Mythologie als eine Sammlung von Gleichnissen aufzufassen ist, hinter denen philosophische und religiöse Gedanken stecken“.[38] Darauf erwidert der andere:
Und ist denn das Hohelied nicht auch ein Gleichnis? Ist nicht unter dem König Salomo der Schöpfer der Welt selbst zu verstehen? Ist die reine, aber von der Sonne verbrannte Geliebte nicht die Gemeinde Israels?![39]
In diesen rhetorischen Fragen wird die allegorische Auslegung des Namens Sulamith deutlich, die in der jüdischen Literatur seit Rabbi Akiba zu finden ist. Sulamith steht dabei für das jüdische Volk: „Sulamith ist die Nation“, heißt es im „Midrasch Schir Ha-Schirim“.[40] Auch bei Celan ist diese jüdisches Gemeingut gewordene Interpretation mitzubedenken.
Die Wendung „Dein aschenes Haar Sulamith“, die in einem Liebesgedicht nur für den Tod der Geliebten stehen könnte, erhält vor dem Hintergrund der allegorischen Auslegung des Namens eine weitere Dimension. Dementiert wird mit ihr nicht das jüdische Liebesverständnis oder gar das jüdische Frauenideal, das sich mit dem Namen Sulamith verbindet. Der Tod Sulamiths steht vielmehr für den Untergang Israels.
Erst diese Bedeutung des Namens erklärt die Rede-Struktur des Gedichts. Das chorische Sprechen, typisch für eine Totenklage, erweist sich damit als ,liturgisch’. Mit diesem Begriff hat Cynthia Ozick das an der jüdischen Literatur der Diaspora zu bezeichnen versucht, was sie als „centrally Jewish“ ansieht: „Liturgy is […] meant not to have only a private voice. Liturgy is a Choral voice, a communal voice“.[41] Celans „Todesfuge“ ist in diesem Sinn liturgisch: das pluralische Sprechen kennzeichnet sie als ein Gedicht über die Situation nicht eines Juden, sondern des jüdischen Volks.
Damit klärt sich aber auch die Frage, welcher Gattung die „Todesfuge“ zuzurechnen ist. Sie ist weder ein Gebet noch ein Psalm, sondern eine Totenklage als Kontrafaktur eines Liebeslieds, genauer als weltliche Kontrafaktur eines geistlichen Liedes. Sie benutzt die poetischen Möglichkeiten des „Hohenliedes“, um die Hoffnung und das Glücksversprechen, die ihm als Liebeslied innewohnen, zu dementieren.
Der Charakter dieser Totenklage drückt sich bis in ihre Rhetorik hinein aus: in der Anrede Sulamiths, die eine Rede über sie ist. Daß die Klage über das jüdische Volk zugleich an dieses Volk gerichtet ist, verrät bereits Celans Verhältnis zum Judentum. Daß sich sein Gedicht nicht an Gott wendet, charakterisiert seine jüdische Identität als säkular. Nicht durch den Glauben an den jüdischen Gott ist sie bestimmt, sondern jenseits eines religiösen Bekenntnisses durch das Mitleiden, die Identifikation mit den verfolgten Juden. Die „Todesfuge“ ist kein Toten- Gebet, sondern ein Toten-Gedenken als Zwiesprache mit den Toten.
4. Die „Todesfuge“ in der jüdischen Literatur
Bis heute ist die „Todesfuge“ umstritten. Über die Jahrzehnte war sie unterschiedlicher Kritik ausgesetzt. Ästhetische Kritik an ihr hat etwa Gert Mattenklott geübt, der das Gedicht „für eines der problematischsten, ja rundheraus gesagt, für eines der schwächsten von Celan“ erklärt hat. Es sei ein „suggestives Szenario deutscher Mythologie“, das „die Shoa zu einem Ereignis der deutschen Kulturgeschichte klassisch-romantischer Prägung“[42] stilisiere und dämonisiere, „in visionärer Trunkenheit, die zu dem Geschehen in den Kloaken der Geschichte in bizarrem Kontrast steht“.[43] Moralische Kritik an der „Todesfuge“ hat schon Reinhard Baumgart vorgebracht, indem er die Frage stellte, ob das Gedicht, „durchkomponiert in raffinierter Partitur – […] nicht schon zuviel Genuß an Kunst, an der durch sie wieder ,schön’ gewordenen Verzweiflung“ beweise.[44] Historische Kritik an der „Todesfuge“ hat schließlich Rolf Hochhuth formuliert, als er in den Regieanmerkungen zum 5. Akt des „Stellvertreter“ Celan vorwarf, er habe „die Vergasung der Juden völlig in Metaphern übersetzt“:
Denn so groß auch die Suggestion ist, die von Wort und Klang ausgeht, Metaphern verstecken nun einmal den höllischen Zynismus dieser Realität, die in sich ja schon maßlos übersteigerte Wirklichkeit ist – so sehr, daß der Eindruck des Unwirklichen, der von ihr ausgeht, schon heute, fünfzehn Jahre nach den Ereignissen, unserer ohnehin starken Neigung entgegenkommt, diese Realität als Legende, als apokalyptisches Märchen unglaubhaft zu finden, eine Gefahr, die durch Verfremdungseffekte noch verstärkt wird.[45]
Solche Kritik, sei sie ästhetisch, moralisch oder historisch, ist nicht voraussetzungslos. Nicht nur bei Hochhuth, dessen Vertrauen in die Überzeugungskraft vermeintlich dokumentarischen Literatur noch ungebrochen war, sind die ideologischen und poetologischen Implikationen deutlich. Baumgart hat sich offensichtlich zentrale Motive der kulturkritischen Argumentation Adornos zueigen gemacht. Mattenklott schließlich hat seine Vorstellung von einer ,angemessenen’ Holocaust-Literatur sogar selbst formuliert: „Angemessen wäre 1945 wohl eine äußerste Ausnüchterung der poetischen Sprache gewesen“.[46]
Dennoch sind die Bedenken nicht unberechtigt: Die „Todesfuge“ teilt als ästhetisches Kunstwerk die Problematik aller Dichtung über den Holocaust. Daß sie normativ ist, macht die Kritik an ihr allerdings nicht so zweifelhaft wie ihr dogmatischer Charakter. Sie läuft Gefahr, die Bedeutung zu verkennen, die der „Todesfuge“ als einem Gedicht über den Holocaust innerhalb der jüdischen Literatur zukommt.
Die „Todesfuge“ ist das bekannteste, ja berühmteste literarische Werk über die Vernichtung der Juden geworden. Kein anderes Gedicht, keine Erzählung, kein Roman, auch kein Drama über die Shoah hat sich neben ihr behaupten können. In Deutschland – aber nicht nur hier – ist sie zum Inbegriff der Holocaust-Literatur geworden. Bezeichnenderweise ist sie allein fünfzehnmal ins Englische übersetzt worden. Ihr Erfolg ist aber nicht nur, wie oft geargwöhnt wird, in ihrer Suggestivität und problematischen Musikalität,[47] sondern auch in ihrer poetischen Radikalität begründet.
In der deutschen Literatur ist Celan der erste gewesen, der versucht hat, die Vernichtung der Juden in der Sprache der modernen Lyrik darzustellen. Die „Todesfuge“ nimmt traditionelle Motive der deutschen wie der jüdischen Literatur auf und verwandelt sie in einer dezidiert modernen Sprache. Das Gedicht ist wegen seiner Zitier-Technik gelegentlich als „Absage an die gesamte literarische Tradition“[48] gedeutet worden. Das mag eine starke Behauptung sein; doch hat Celan die traditionellen Motive ebenso wie „die tradierten Formen“, an die er anknüpfte, ,umfunktioniert’.[49] Eben die entschiedene Modernität, im Stil und mehr noch in der Metaphorik, unterscheidet sein Gedicht deutlich von verwandten Texten wie Alfred Margul-Sperbers „Auf den Namen eines Vernichtungslagers“ und Immanuel Weissglas‘ „Er“, mit denen es oft verglichen worden ist. Von den zumeist jungen deutsch-rumänischen Lyrikern, die sich am Surrealismus orientierten, war Celan poetisch der konsequenteste.
Das macht seinen besonderen Rang sowohl innerhalb der deutschen wie der deutsch-jüdischen Literatur aus. Nicht nur in der an Benn und Brecht orientierten deutschen Nachkriegslyrik kommt ihm eine Sonderstellung zu. Auch in der jüdischen Literatur deutscher Sprache nach 1945 ist er singulär: seine Dichtung unterscheidet sich von der jüdischen Lyrik des Exils nicht weniger deutlich als von jener der Weimarer Republik. Die Nähe zu Yvan Goll, als Wahlverwandtschaft, nicht als Abhängigkeit, bezeichnet bereits seine besondere literarische Position.
Nicht erst mit „Engführung“, schon mit der „Todesfuge“ hat Celan den jüdischen Avantgardismus’ unter veränderten historischen und literarhistorischen Bedingungen fortgesetzt. Wie kein anderer jüdischer Dichter des 20. Jahrhunderts nach Kafka ist es Celan gelungen, die jüdische Literatur zur Avantgarde der deutschen Literatur zu machen. Im Unterschied zu Kafka aber hat er dies mit einem dezidiert jüdischen Werk erreicht. Der jüdische Diskurs, bei Kafka noch in Tagebüchern und Briefen geführt, konstituiert Celans Lyrik: er ist Dichtung geworden. Dieser Wandel des jüdischen Diskurses verweist auf die Bedeutung, die der Erfahrung des Holocaust in der jüdischen Literatur zukommt.
Als erstes Gedicht von Rang hat die „Todesfuge“ dem Leiden der verfolgten und vernichteten Juden eine Stimme verliehen. Der jüdische Glaube ist oft eine „Gedächtnisreligion“[50] genannt worden; und die Bedeutung der Erinnerung für die jüdische Kultur ist inzwischen fast ein Gemeinplatz.[51] Als Gedicht über die Vernichtung der Juden setzt die „Todesfuge“ die jüdische Tradition der „Erinnerung an ein historisches Trauma“[52] fort. Indem sie der Ermordeten gedenkt, gestaltet sie jedoch die „Identität der sich erinnernden Personen“[53] neu – als eine säkulare jüdische Identität, die von der Erkenntnis geprägt ist, daß die Shoah „die absolute und radikale Referenz für jede jüdische Existenz“ (Robert Misrahi)[54] nach 1945 darstellt.
In dieser Erkenntnis ist eine grundsätzliche Differenz zu deutscher Kultur impliziert – und in der Rede von dem „Meister aus Deutschland“ und in den Oppositionen von Sulamith und Margarete, von ,aschenem’ und ,goldenem Haar’, von dem „Mann“ und „seine[n] Juden“ ist sie in Celans Gedicht auch explizit. Diese Differenz ist radikal. Sie zeigt eine scharfe Wendung des jüdischen Diskurses in der deutschen Literatur an, der 30 Jahre zuvor in den Tagebüchern Kafkas begann. Was bei Kafka als Suche eines deutschsprachigen Schriftstellers nach einer jüdischen Identität anfing, endet bei Celan als eine Definition jüdischer Identität in Opposition zu der Kultur der deutschen Mörder. War für den jüdischen Diskurs Kafkas der Gegensatz zwischen Ost- und Westjuden konstitutiv, so ist es bei Celan der zwischen Juden und Deutschen. Celans Biograph John Felstiner hat gelegentlich festgestellt, daß dem Dichter „die deutsch-jüdische Symbiose nicht am Herzen lag“. Dessen Gedicht spricht eine noch deutlichere Sprache.
Hinweis der Redaktion: Der Beitrag übernimmt ein Kapitel mit der gleichen Überschrift aus Dieter Lamping: Von Kafka zu Celan. Jüdischer Diskurs in der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1998. Hier S. 99-112. Wir danken dem Verfasser für die Genehmigung dazu.
[1] Die Begriffe ‘Holocaust’ und ‘Shoah’ werden hier synonym gebraucht. Zum terminologischen Problem vgl. bes. Eberhard Jäckel: Vorwort zur deutschen Ausgabe. In: Israel Gutman u.a. (Hgg.): Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. Deutsche Ausgabe hg. von Eberhard Jäckel, Peter Longerich und Julius H. Schoeps. Band 1: A-G. Berlin o.J. (1993), S. XVI-XIX.
[2] Theodor W. Adorno: Prismen – Kulturkritik und Gesellschaft. Frankfurt a.M. 1953, S. 31.
[3] Vgl. dazu Verf.: Sind Gedichte über Auschwitz barbarisch? Über die Humanität der Holocaust-Lyrik. In: ders.: Literatur und Theorie. Über poetologische Probleme der Moderne. Göttingen 1996, S. 100-118.
[4] Hilde Domin: Das Gedicht als Augenblick von Freiheit. Frankfurter Poetik- Vorlesungen 1987/88. München, Zürich 2. Aufl. 1992, S. 23.
[5] Vgl. dazu Hans Magnus Enzensberger: Die Sterne der Freiheit. In: Merkur 13 (1959), S. 770-775.
[6] Peter Szondi: Celan-Studien. Frankfurt a.M. 1972, S. 102.
[7] Vgl. dazu etwa Manuel Köppen (Hg.): Kunst und Literatur nach Auschwitz. Berlin 1993. Außerdem Manuel Koppen und Klaus R. Scherpe (Hgg.): Bilder des Holocaust. Literatur – Film – Bildende Kunst. Köln, Weimar, Wien 1997; Nicolas Berg, Jess Jochimsen und Bernd Stiegler (Hgg.): Shoah. Formen der Erinnerung. Geschichte, Philosophie, Literatur, Kunst. München 1996; Geoffrey H. Hartman (Hg): Holocaust Rememberance. The Shapes of Memory. Oxford, Cambridge 1994; Berel Lang (Hg): Writing and the Holocaust. New York, London 1988.
[8] Vgl. dazu etwa Alan Mintz: Hurban. Responses to Catastrophe in Hebrew Literature. Syracuse, New York 1996.
[9] Vgl. Theodor W. Adorno: Negative Dialektik. In: ders.: Gesammelte Schriften. Band 6. Hg. von Rolf Tiedemann. Frankfurt a.M. 1973, S. 7-412, hier S. 355.
[10] Peter Horst Neumann: Zur Lyrik Paul Celans. Eine Einführung. Göttingen 2., erw. Auflage 1990, S. 98; ähnlich auch Theo Bück: Muttersprache, Mördersprache. Aachen 1993, S. 35.
[11] Vgl. Israel Gutman u.a. (Hgg): Enzyklopädie des Holocaust, Band 2: H-R, S. 744, Sp. 2.
[12] Vgl. ebd., S. 801-802.
[13] Vgl. Israel Gutmann u.a. (Hgg.): Enzyklopädie des Holocaust, Band 1: A-G, S. 273, Sp. 1.
[14] John Felstiner: Paul Celan, S. 65.
[15] Peter Horst Neumann: Zur Lyrik Paul Celans, S. 99.
[16] Zit. nach Barbara Wiedemann-Wolf: Antschel Paul – Paul Celan. Studien zum Frühwerk. Tübingen 1985, S. 82.
[17]Vgl. dazu etwa Fania Fenelon: Das Mädchenorchester in Auschwitz. München 11. Aufl. 1994.
[18] Vgl. dazu Peter Szondi: Celan-Studien, S. T7.
[19] Vgl. Verf.: Sind Gedichte über Auschwitz barbarisch?
[20] Peter Horst Neumann: Zur Lyrik Paul Celans, S. 95.
[21] Vgl. dazu Theo Bück: Muttersprache, Mördersprache, S. 73ff.
[22] Heinrich Stiehler: Die Zeit der Todesfuge. Die Anfänge Paul Celans. In: Akzente 19 (1972), S. 11-40, hier S. 29. Kritisch dazu Barbara Wiedemann-Wolf: Antschel Paul – Paul Celan. Studien zum Frühwerk. Tübingen 1985, S. 82ff.
[23] Vgl. dazu auch Theo Bück: Muttersprache, Mördersprache, S. 63ff.
[24] Vgl. Wolfgang Menzel: Celans Gedicht »Todesfuge«. Das Paradoxon einer Fuge über den Tod in Auschwitz. In: GRM, NF. 18 (1968), S. 431-447, hier S. 446.
[25] Amy Colin: Paul Celan – Holograms of Darkness. Bloomington, Indianapolis 1991, S. 45.
[26] Ebd.
[27] Zit. nach John Felstiner: Paul Celan, S. 76.
[28] Ebd., S. 59.
[29] Ebd., S. 53.
[30] Barbara Wiedemann-Wolf: Antschel Paul – Paul Celan, S. 84f.
[31] Theodor Verweyen und Gunter Witting: Die Kontrafaktur. Vorlage und Verarbeitung in Literatur, bildender Kunst, Werbung und politischem Plakat. Konstanz 1987, S. 75.
[32] Zu dem Begriff vgl. Verf.: Das lyrische Gedicht. Definitionen zu Theorie und Geschichte der Gattung. Göttingen 2. Aufl. 1993, S. 55ff.
[33] Theo Bück: Muttersprache, Mördersprache, S. 74. Zur Tradition christlicher Interpretation des »Hohenliedes« vgl. vor allem Friedrich Ohly: Hohelied- Studien. Grundzüge einer Geschichte der Hoheliedauslegung des Abendlandes bis um 1200. Wiesbaden 1958.
[34] Vgl. ebd., S. 74 und 75.
[35] Vgl. dazu Franz Kafka: Tagebücher, S. 69ff.
[36] Heinrich Graetz: Volkstümliche Geschichte der Juden. Band 1: Die Zeit der Könige, das Exil und die nachexilische Zeit bis zur makkabäischen Erhebung. München 1985 (Nachdruck der Ausgabe Berlin und Wien 1923), S. 334f.
[37] Jizchak Leib Peretz: Venus und Sulamith. In: Dein aschenes Haar Sulamith. Ostjüdische Geschichten. Mit Bildern von Ephraim Mose Lilien. Hg. von Ulf Diederichs in Verbindung mit Otto M. Lilien und der Germania Judaica (Köln). Köln 2. Aufl. 1983, S. 279-285, hier S. 285.
[38] Ebd., S. 285.
[39] Ebd., S. 286.
[40] Vgl. Der Midrasch Schir Ha-Schirim. Bibliotheca Rabbinica. Eine Sammlung alter Midraschim. Zum ersten Male ins Deutsche übertragen von August Wünsche. 6. und 7. Lieferung. Hildesheim 1967 (Nachdr. der Ausgabe Leipzig 1880), S. 162. Zur jüdischen Tradition der Auslegung des „Hohenlieds“ vgl. etwa Siegmund Salfeld: Das Hohelied Salomo’s bei den jüdischen Erklärern des Mittelalters. Nebst einem Anhange: Erklärungsproben aus Handschriften. Berlin 1879.
[41] Cynthia Ozick: Toward a New Yiddish, S. 169.
[42] Gert Mattenklott: Zur Darstellung der Shoa in deutscher Nachkriegsliteratur. In: Jüdischer Almanach 1993 des Leo Baeck Instituts. Hg. von Jakob Hessing. Frankfurt a.M. 1992, S. 26-34, hier S. 30.
[43] Ebd., S. 31.
[44] Reinhard Baumgart: Unmenschlichkeit beschreiben. Weltkrieg und Faschismus in der Literatur. In: Merkur 19 (1965), S. 37-50, hier S. 49.
[45] Rolf Hochhuth: Der Stellvertreter. Schauspiel. Mit einem Vorwort von Erwin Piscator. Reinbek bei Hamburg 1963, S. 178f.
[46] Gert Mattenklott: Zur Darstellung der Shoa in deutscher Nachkriegsliteratur, S. 31.
[47] Vgl. dazu John Felstiner: Paul Celan, S. 68.
[48] Vgl. etwa Barbara Wiedemann-Wolf: Antschel Paul – Paul Celan, S. 85. Ahnlich auch Marlies Janz: Vom Engagement absoluter Poesie. Zur Lyrik und Ästhetik Paul Celans. Frankfurt a.M. 1976, S. 40.
[49] Hartwig Schultz: Vom Rhythmus der modernen Lyrik. München 1970, S. 118.
[50] Vgl. etwa Gerd Theissen: Tradition und Entscheidung. Der Beitrag des biblischen Glaubens zum kulturellen Gedächtnis. In: Jan Assmann und Tonio Hölscher (Hgg.): Kultur und Gedächtnis. Frankfurt a.M. 1988, S. 170-196, hier S. 176.
[51] Vgl. dazu vor allem Yosef Hayim Yerushalmi: Zachor: Erinnere Dich! Jüdische Geschichte und jüdisches Gedächtnis. Übers, von Wolfgang Heuss. Berlin 1996.
[52] James E. Young: Erinnern und Gedenken. Die Schoa und die jüdische Identität. In: Andreas Nachama, Julius H. Schoeps und Edward van Voolen (Hgg.): Jüdische Lebenswelten. Essays, S. 149-164, hier S. 149. Vgl. dazu grundsätzlich auch ders.: Beschreiben des Holocaust. Darstellung und Folgen der Interpretation. Übers, von Christa Schuenke. Frankfurt a.M. 1997.
[53] Ebd., S. 151.
[54] Zit. nach Jean Améry: Jenseits von Schuld und Sühne. Bewältigungsversuche eines Überwältigten. Stuttgart 2. Aufl. 1977, S. 145.
Anmerkung der Redaktion: Der Beitrag gehört zu der Reihe „Lyrik aus aller Welt. Interpretationen, Kommentare, Übersetzungen“. Herausgegeben von Thomas Anz und Dieter Lamping.