Ikonen des Pop

Popkultur mit Katalog ­­– Norman Seeffs „The Look of Sound“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Photograph Norman Seeff gehört genau wie Anton Corbijn zu den gefragten Photographen der Popmusik. Er ist seit Jahrzehnten Bestandteil einer Geschichte der Transzendierung des Pop und der daraus resultierenden populären Kultur. Dabei sind es natürlich vor allem die photographischen Stilisierungen, die letztendlich zu den massenhaft vervielfältigten Ikonen werden und damit die „Helden“ der Populärkultur erst erschaffen.

Norman Seeff wurde 1939 in Johannesburg (Südafrika) geboren. Seit 1969 lebt er in der USA und arbeitet als Photograph und Regisseur. In dem vorliegenden Photoband findet man einen Querschnitt seiner photographischen Arbeiten zum Thema Popkultur. Abgebildet sind Porträts als auch Gruppenphotos, die vor allem eines sind: nicht farbig. Und sie sind kleine Psychogramme. Dabei ist nicht nur die Analyse der Porträtierten gemeint, auch ihr gesellschaftliches Umfeld. Ob Musiker, Popikone oder Beobachter der populären Kulturphänomene, Seeff porträtiert seine Protagonisten mit scharfem, analytischem Skalpell,  ohne den Status oder den Bezugsrahmen zu berücksichtigen, was den Bildern in vielen Fällen schon fast so etwas wie eine Hyperrealität verleiht.

Zu den eindruckvollsten Aufnahmen gehört das Doppelporträt von Robert Mapplethorpe und Patti Smith, fast schnappschussähnliche Aufnahmen von Art Garfunkel, eine konzentrierte und gleichzeitig sehr entspannte Aufnahme des Komponisten und Pianisten Gil Evans und mehrere Aufnahmen von Andy Wahrhol, verloren und deplaziert in einer Menschengruppe sitzend. Bei diesen Bildern, ebenso wie bei den Porträts von Frank Zappa, stellt sich die etwas plakative Erkenntnis von Norman Seeff, dass er nicht nur Personen, sondern „das gesamte kulturelle Milieu“ photographiere, auch beim Betrachter ein.

Der vorliegende Ausstellungskatalog bleibt auch nach dem Ende der Ausstellung dem Betrachter erhalten. Und so wie der Ausstellungsbesucher sich des Eindrucks nicht erwähren konnte, dass Popkultur schwarz-weiß ist, so stellt sich diese Erkenntnis auch beim Betrachter des Bildbandes ein. Da ist ein lässiger Van Morrison zu sehen, Frank Zappa mit wild abstehenden Haaren, Tina Turner, lässige, bezaubernd elegante Bilder von Joni Mitchell aus dem Jahr 1976 – und Cher ohne „Modifikationen“. Das ist mindestens genauso beeindruckend wie ein obszöner Sly Stone und ein Rickie Lee Jones mit Whiskeyflasche. Billy Wilder trifft der Photograph in sehr konzentrierter, fröhlicher Pose an und eine Jodie Foster bemüht sich, gut auszusehen. Dabei sieht man immer wieder die eingreifende Hand des Photographen oder eines Assistenten, dessen Hand am Bildrand dem Porträtierten Luft zuwedelt oder gerade mit einem Luftbefeuchter den Protagonisten besprüht.

Die beiden letzten Bilder sind ein Porträt von Steve Jobs von 1984 und ein kleines Panorama einer vielköpfigen Session bei Timothy Leary im Jahr 1976. Und genau diese Bilder stecken auch den Rahmen ab, in dem sich Norman Seeff als Photograph und Chronist der Popkultur seit den Siebzigerjahren bewegt. Darüber hinaus ist er ein großartiger Künstler mit einem bemerkenswerten Oeuvre!

Titelbild

Alfried Wieczorek / Thomas Schirmböck (Hg.): Norman Seeff. The look of sound.
Kehrer Verlag, Heidelberg, Berlin 2014.
232 Seiten, 39,90 EUR.
ISBN-13: 9783868285321

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch