US-Amerikanische Autoren von der Kolonialzeit bis zur Gegenwart
Ein Handbuch, herausgegeben von Bernd Engler und Kurt Müller
Von Helge Schmid
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseWie soll man ein Lexikon besprechen, das 350 Portraits US-amerikanischer Autorinnen und Autoren versammelt und die vielfältige Literatur von der Kolonialzeit bis zur Gegenwart würdigen möchte? Dem Rezensenten sei es gestattet, sich auf einige Autoren zu beschränken, an deren Werk er sich selber ein wenig versucht hat: Tom Coraghessan Boyle, Truman Capote, Edgar Lawrence Doctorow, Stephen King und Thomas Pynchon.
Günter Leypoldt charakterisiert die extremen sprachlichen Eskapaden, die grellen Bilder und die bizarre Komik von T. C. Boyles Romanen und Erzählungen als Kaprizen, die auf einem "gemäßigten, traditionell-realistischen Fundament" fußten; er sieht Boyles Werk im Kontext einer "Renaissance mimetischen Erzählens", die seit den achtziger Jahren zu beobachten sei. Wolfgang G. Müllers Darstellung von Truman Capote thematisiert kenntnisreich die wichtigsten Werke und Aspekte dieses Œuvres, darunter die von den Primärrezipienten als skandalös wahrgenommene Geschlechtercharakteristik, das stilistische Changieren zwischen den verschiedenen Registern Märchen, Groteske, Idylle, psychologische Studie und - seit "In Cold Blood" (1966) - Fiction und Non-Fiction. Etwas blass gerät ihm die Darstellung des vielleicht berühmtesten Buches, "Breakfast at Tiffany´s" (1958), auch lässt er das Œuvre mit dem Faction-Roman "Kaltblütig" enden. "Music for Cameleons" (1980) wird ebenso als unbedeutend eingestuft wie der Fragment gebliebene und aus dem Nachlass publizierte Roman "Answered Prayers" (1987). Wenig überzeugend ist seine These, dass Capote nach "Kaltblütig" nichts Bedeutendes mehr geschrieben habe. Bestimmte Aspekte des Werkes, die Reise-Erzählungen und das Reportagenwerk werden gar nicht erwähnt. Ein "Capote Reader" wird irreführend als Werkausgabe ausgegeben.
Die Literaturhinweise dieses Lexikons sind generell dürftig. Dafür ist jeder Autor mit seinem Konterfei abgebildet. Michael Porsche stellt Edgar Lawrence Doctorows Werk in die sozialkritische Tradition, die auf Amerikas "Moral" einwirken wolle; der Verfasser liest selbst den - seiner Ansicht nach - weniger gelungenen, weil allzu absehbaren Scheuerroman "Waterworks" (1994) mit Respekt für Doctorows "Widerborstigkeit". Es gelingt Porsche, ELD so umfassend zu würdigen, wie das auf knapp drei Lexikonseiten möglich ist.
Stephen King steht hier stellvertretend für die zahlreiche "Horror"-Literatur, andere Vertreter wie etwa Dean Koontz fehlen hingegen. Verfasserin Brenda Hollweg geht es vor allem darum, das "Phänomen" Stephen King darzustellen, seine Produktivität, seinen Erfolg bei den Lesern und seine allmähliche Rezeption in der Wissenschaft. Die Darstellung des Werkes steht daneben etwas zurück und bleibt in ihrer Einschätzung weitgehend summarisch. Um das "Phänomen" Thomas Pynchon geht es auch Heinz Ickstatt, doch nutzt der Verfasser - angesichts des großzügigen Raumes bei vergleichsweise schmalem Œuvre - seinen Auftritt für ausführliche Darstellungen der einzelnen Romane, in denen er deutliche Spuren von Henry Adams entdeckt. Der Kulturkritiker Henry Adams wird in diesem Handbuch von Kurt A. Mayer dargestellt.
Die Länge der Beiträge (zwischen einer Seite für Autoren minoritärer Bedeutung wie zum Beispiel Paule Marshall und Edgar Lee Masters und vier bis fünf Seiten für Klassiker wie T. S. Eliot, Herman Melville, Toni Morrisson oder Egar Allan Poe. Einige kleinere und größere, auch bei uns in der jüngsten Zeit bekannt geworden oder doch übersetzten Autoren fehlen, darunter Douglas Adams, Louis Begley, Morris Philipson, wobei der erstere vielleicht Brite ist.