Das Lied der Partisanen
Nachtmarsch nach Israel
Von Heribert Hoven
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseDie Bücher, die über Täter und Opfer des Holocaust geschrieben wurden, sind inzwischen Legion. Weniger bekannt sind hierzulande Berichte derjenigen Opfer, die erfolgreich Widerstand leisteten und daraus die Kraft für einen schwierigen Neuanfang schöpften. Der 1968 geborene Rich Cohen hat sich Ende der 90er Jahre in Israel auf deren Spuren gemacht und mit "Nachtmarsch" ein Bravourstück des literarischen Journalismus vorgelegt.
Erzählt und mit Fotografien dokumentiert wird die Geschichte zweier junger Frauen aus Wilna, die hier nach dem Hitler-Stalin-Pakt zuerst die russische Besatzung, dann den deutschen Einmarsch und die anschließende Judenverfolgung miterleben. Die Ausnahmesituation schmiedet die Verfolgten keineswegs zusammen, sondern vertieft die Gegensätze.Weil sie im Ghetto die Politik des Judenrats ablehnen, schließen die beiden Frauen sich dem bewaffneten Widerstand an, der sich um einige Kommunisten und den jungen Zionisten Abba Kovner bildet. Zu dem charismatischen Kovner knüpfen beide auch eine Liebesbeziehung. Bei der Liquidierung des Ghettos gelingt ihnen eine abenteuerliche Flucht in die Wälder zu den Partisanen. Hier, aber auch in der bäuerlichen Bevölkerung Litauens, stoßen sie indes auf einen massiven Antisemitismus, der den gemeinsamen Kampf gegen die deutschen Besatzer erheblich erschwert. Auch nach dem Kriegsende nehmen die Probleme nicht ab. Kovner bildet eine Gruppe, die individuelle Rache an den Deutschen nehmen will. Ruzka, eine der beiden Freundinnen, ist jedoch bereits nach Palästina aufgebrochen, um in einem Kibbuz zu leben. Es gelingt ihr, die Freunde dorthin zu holen und sie für den Aufbau des Staates Israel zu begeistern. Kovner wird schließlich ein angesehener Schriftsteller, die Mitglieder seiner Gruppe avancieren zu Nationalhelden des jungen Staates.
Cohens Buch reflektiert die Schwierigkeiten des Überlebenskampfes in einem friedlosen Jahrhundert; es thematisiert auch die Schuld, in die sich diejenigen verstrickten, die "nicht wie Lämmer zur Schlachtbank" geführt werden wollten. Die "wahre Geschichte von Liebe und Vergeltung" verzichtet nicht auf ein gewisses Pathos. Allerdings legt das Lied der Partisanen auch die Wurzeln aus Gewalt, Tragik und Hoffnung frei, aus denen Israel entstanden ist.
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