Hörsturz am Mount Tinnitus

Klaus Läffert und Dietmar Wagner über die Unbill des Lehrerberufs

Von Frank MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Frank Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Lehrer haben es nicht leicht. Nach den sechswöchigen Sommerferien kehrt selbst der hartgesottenste Globetrotter erschöpft in den Schutzraum des Klassenzimmers zurück. Ganz zu schweigen von der mühseligen Bewältigung freier Nachmittage durch Sport, Hobbies oder die Arbeit an dem komplett in Eigenleistung errichteten Eigenheim. So weit das gängige Klischee. Was den Lehrerberuf so anstrengend macht, darüber ist in Arno Combes und Sylvia Buchens "Belastung von Lehrerinnen und Lehrern" (1996) bereits das Nötige gesagt. Klaus Läffert und Dietmar Wagner haben es sich trotzdem nicht nehmen lassen, in ihren Erfahrungsberichten auf die Beschwernisse des Lehrerdaseins aufmerksam zu machen.

Die Boulevardpresse verunglimpft die Lehrer fälschlicherweise als Faulenzer. Ebenso unerquicklich liest sich aber ein Buch, das uns partout das Gegenteil beweisen will. Im "Lehrer-Report" entwickeln sich selbst die unscheinbarsten Prozesse des Schulalltags zu Brueghelschen Höllenfahrten. Sei es der notorische Kreidemangel, das Herstellen einer neuen Sitzordung, die Klassenfahrt, die Leistungsbeurteilung oder nur der vom Lehrer zurückzulegende Weg von einem Schulgebäude ins andere - kaum etwas wird nicht als anstrengend und aufreibend wahrgenommen. Kritzeleien in Schulbüchern und - schlimmer noch - verschwundene Exemplare zeigen den Autoren, dass selbst die Lehrmittelfreiheit eine Erfindung des Teufels ist.

Da ein Wust unnötiger Vorschriften den Lehrern das Leben erschwert, wird der Dienstweg bisweilen zur Durststrecke. Läffert und Wagner, zwei Pädagogen im hessischen Schuldienst, widmen sich dem Ausfüllen von Formularen und Anträgen offenbar mit pedantischer Genauigkeit. Sie bemängeln die unter der Last des bürokratischen Apparats erstarrende Lebendigkeit des Unterrichts, weisen aber neuere Versuche, mittels Qualitätssicherung eine Professionalisierung des pädagogischen Handelns zu erwirken, lakonisch zurück. Das geht schlecht zusammen. Zu einer Qual für den Leser wird das Buch obendrein durch die sprachliche Unbeholfenheit der Autoren und durch seitenfüllende Konferenzprotokolle.

Zu größerem Lesevergnügen als die behäbigen Altherrenwitze hätte zweifelsohne eine Portion Selbstironie führen können: "Nehmen Sie nur die Vorbereitung der Religionsstunden: eine Heidenarbeit." Wer das Kapitel über die Krankheiten und Beschwerden (Neurasthenie, Tinnitus usw.) gelesen hat, die sich vorzugsweise Lehrer zu ihren Opfern wählen, könnte den Eindruck gewinnen, dass der jahrzehntelange Kampf mit veralteten Lehrmitteln, die Scharmützel mit Kollegen, Schülern und Eltern auch an den Autoren nicht spurlos vorübergegangen sind. Manches hat sich in Form von Idiosynkrasien festgesetzt: "Die heute üblichen Rucksäcke kratzen an der Wand und hinterlassen schwarze Streifen."

Das einzig Erfreuliche: Nach ausgiebigen Kuren können die verbeamteten Pädagogen geradewegs zu ihren Sinekuren zurückkehren.

Titelbild

Klaus Läffert / Dietmar Wagner: Lehrer-Report. Zutritt für Unbefugte.
dtv Verlag, München 2000.
183 Seiten, 7,40 EUR.
ISBN-10: 3423203307

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