The girls by the whirlpool are looking for a new fool

"Smells like Niederlage" von Linus Volkmann

Von Daniel BeskosRSS-Newsfeed neuer Artikel von Daniel Beskos

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mal wieder befasst sich einer mit den Verlierern. Mit den Nerds, den Slackern, den Trekkies und all den anderen Typen, die sonst schlichtweg zu langweilig sind, um sich ihrer Geschichten anzunehmen. Und deren Hauptproblem vor allem eines ist: "Wie bekomme ich eine Freundin?" Denn man muss doch eine haben. Oder? Natürlich ist das Quatsch, und natürlich scheitern die sympathischen Nerds von nebenan genau deswegen daran. "Smells like Niederlage" hat Linus Volkmann, Jahrgang 1973, sein Buch folgerichtig betitelt.

In Teil Eins, "super-lupo vs. die anderen" setzt Volkmann die Geschichten um den "chronisch untervorteilten" Super-Lupo fort, die er bereits im Vorgänger "super lupo - jeder freund ist anders" (Ventil Verlag 1998) begonnen hatte: Super-Lupo ist in der Disco "Rote Lampe". Super-Lupo ist gerade von seiner Freundin verlassen worden, die jetzt mit ihrem neuen Typen aufkreuzt. Super-Lupo will sich messen, Super-Lupo will schlau sein, Super-Lupo will auch peinlich sein - doch der andere Typ kapiert seine intellektuelle Herausforderung nicht, dreht sich um und geht. Super-Lupo geht nach Hause und bemitleidet sich - wie immer eben.

Im zweiten Teil des Buches wechseln nur die Protagonisten, die Geschichte bleibt die gleiche: "Robbe vs. Bürzel", mutig, aber gekonnt in Dialogform gehalten, erzählt von zwei - na? - Verlierern, beide kurz vor der alltäglichen Verzweiflung, beide am Rande des ganz normalen Wahnsinns. Und dann passiert es: Robbe lernt zufällig seine Nachbarin Dipsy kennen und lädt sie zu sich ein. Natürlich läuft nichts wie es soll, Robbe und Bürzel stolpern von einer Jungs-Peinlichkeit in die nächste und der Leser merkt: Die zwei Nerds vergraulen Dipsy nicht wegen ihres schlechten Benehmens, sondern weil in ihren gegenseitigen Anschuldigungen ihre vollständige Unfähigkeit zu sozialen Kontakten offensichtlich wird. Diagnose: Rollenspiel-Cocooning.

Niedlich ist diese Welt, niedlich auch die Sprache, fast schon kindlich-naiv, wären da nicht die ständig eingestreuten Anlehnungen ans popkulturelle Hintergrundwissen der letzten 15 bis 20 Jahre: Fast sämtliche Zwischenüberschriften (und nicht nur diese) sind abgewandelte Songtitel - von den Stones bis Knarf Rellöm, von Pink Floyd über Weezer bis Kante.

Popmusik is überall around you, könnte man sagen, und dabei im Stil Volkmanns bleiben. Und sie hat dabei viel von ihrem ideologischen Inhalt als Aufstand gegen irgendwas und irgendwen verloren, sie ist einfach da, sie füllt die Textlücken im Gespräch, sie füllt jede freie Sekunde des Tages zwischen Fluglärm und Staubsaugergeräuschen. Und so ist es nur selbstverständlich, wenn Textzeilen, Zitate und Songtitel Teil des Sprachgebrauchs geworden sind, wenn manche Sachverhalte sich eben am besten mit Zitaten aus der neuen Platte von XY ausdrücken lassen.

Smells like Niederlage: Natürlich Anlehnung an "Smells like Teen Spirit", die Jugendhymne der frühen neunziger Jahre, der musikgewordene Jugendgeist, wieder einmal. Doch auch dieses Lied selbst war ja schon Zitat, war ursprünglich bezogen auf das Yuppie-Parfüm aus den Achtziger Jahren, wodurch hier der Kreis wieder geschlossen wird: "Teen Spirit" - der Angstschweiß der zu Hause sitzenden Verlierer beim ersten Date. Oder so ähnlich.

Mit der Nennung dieses Songtitels wird automatisch ein Rahmen vorgegeben: Der Leser wird zurückversetzt in die Zeit, als er Nirvana und ähnliche Bands bei den Hausaufgaben hörte. Und auch nur vor diesem Hintergrund (und nur für Leser diesen Alters?) funktioniert dieses Buch: Nur so werden die Zitate (wie etwa bei "komm küssen" die Anlehnung an ein hippes Untergrund-Pop-Fanzine oder bei "normalerweise plan b" an die Band Plan B) und die ironischen Anspielungen verständlich und zugänglich. Und nur durch die Möglichkeiten des Verstehens von Kontext und Inhalt wird das Buch vor seiner scheinbaren "Teenager-Niedlichkeit" bewahrt. Für Außenstehende, die mit den Zitaten und ihrem Kontext nichts anzufangen wissen, wird das Buch leider auf die doch recht simple Story reduziert und daher sicher langweilig. Dann hat es das verfehlt, was es eigentlich sein soll (und sicher für viele jüngere Leser sein kann): Eine Reminiszenz nicht nur ans Losertum, sondern eben ans Loser-Sein in der Popgesellschaft.

Titelbild

Linus Volkmann: Smells like Niederlage.
Ventil Verlag, Mainz 2001.
118 Seiten, 9,70 EUR.
ISBN-10: 3930559811

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