Humoresken

Heiner Links Prosa-Debüt

Von Lutz HagestedtRSS-Newsfeed neuer Artikel von Lutz Hagestedt

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wie Figuren aus einem Achternbusch-Film stakeln der Philosoph Scapinelli und der Ich-Erzähler durch Oberbayern und suchen das Meer. Sie finden Fragmente eines menschlichen Schädels, schlagen ihr Zelt auf, pflocken die Esel an. Der fröhliche Dicke und der Lange-Dürre von der traurigen Gestalt wollen beweisen, daß es auch im Süden das Meer gibt (und nicht bloß die Alpen) und daß die amtlichen Landkarten eine bewußte Täuschung der Regierung darstellen. Ja, möchte man fragen, haben sie denn gar kein Vertrauen in unseren Staat? Haben sie nicht. Denn sie finden das Meer. Enttäuschend ist nur, daß sein Wasser salzig schmeckt.

Daß Heiner Links Humoresken einen Zug ins Absurde haben, wäre zuwenig gesagt. Weil sich auch die absurden Texte seiner Stilübungen "Affen zeichnen nicht" formbewußt am Sinnvollen entlanghangeln. Sie sind "Entspannungsübungen", die an Beobachtungen mehr oder weniger weitreichende Gedanken knüpfen - und dabei eben gern in den Bereich des Nonsens hinüberlappen. Dieser schmale Band enthält eine absichtsvoll verrutschte Wortkunst ("ich blies den Rauch meiner Zigarette in einem dünnen Strahl an die Scheibe") als Beitrag "zur gegenwärtigen humoristischen Lage", lächerliche Berufsbilder, unbrauchbare Erfindungen, das herrliche Portrait einer Schlampe und ihres Freundeskreises ("Liebe in Zeiten der T-Aktie"), kurz Zerrbilder unserer Zeit.

Titelbild

Heiner Link: Affen zeichnen nicht. Humoresken.
Reclam Verlag Leipzig, Leipzig 1999.
130 Seiten, 15,20 EUR.
ISBN-10: 3379007692

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