Field Commander Cohen

Zwei neue Veröffentlichungen zu Leonard Cohen von Christof Graf und Jim Devlin

Von André SchwarzRSS-Newsfeed neuer Artikel von André Schwarz

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Lange Zeit schien Leonard Cohen in der Versenkung verschwunden, mancherlei Legenden wurden gestrickt, vor allem, nachdem Cohen sich in das Kloster auf dem Mount Baldy zurückzog und sich dem Zen-Buddhismus widmete. Er habe sich völlig von der Musik zurückgezogen, hieß es, um von nun als Mönch zu leben. Bestätigt sahen sich viele Beobachter, als im Frühjahr 2001 nicht das lang erwartete neue Album des kanadischen Sängers und Dichters erschien, sondern die CD "Field Commander Cohen" mit einem Live-Mitschnitt seiner Tour 1979. Ende 2001 belehrte Cohen aber alle Propheten eines Besseren und brachte zehn neue Songs auf der schlicht "Ten New Songs" betitelten CD heraus. Dies war auch das Signal für mehrere Autoren und Verlage, Biographien und Bücher über Leonard Cohen neu aufzulegen oder einige neue Publikationen auf den Markt zu bringen. Bereits Anfang 2001 holte der Hannibal Verlag das bis dahin knapp sieben Jahre alte Buch "Leonard Cohen: A Life in Art" des Cohen-Biographen Ira B. Nadel aus der Versenkung und verlegte es unter dem Titel "Leonard Cohen- Ein Leben für die Poesie" (vgl. literaturkritik.de 12/2001). Im Jahr darauf folgten dann Christof Grafs "Leonard Cohen. Songs of a Life" und zur Frankfurter Buchmesse "Leonard Cohen in eigenen Worten" von Jim Devlin.

Grafs Buch versteht sich selbst als eine Art Nachschlagewerk, neben sämtlichen Songtexten im Original und in deutscher Übersetzung, Entstehungsgeschichten zu Songs und Alben enthält es Interviews, diverse Fotos und eine sehr ausführliche und hilfreiche Bibliographie bzw. Diskographie. Der Klappentext brüstet sich damit, hier erstmals alle Songtexte in Buchform versammelt zu haben, so ganz richtig ist dies allerdings nicht. Bereits seit den siebziger Jahren gab es bei Zweitausendeins einen Band mit einer deutsch-englischen Ausgabe seiner Gedichte und Lieder, dieses Buch ist aber seit Anfang der neunziger Jahre vergriffen. Aber sei´s drum, auf jeden Fall ist es zur Zeit das einzige mit einer zweisprachigen Ausgabe sämtlicher Texte. Die Interviews sind eher durchwachsen, das mit Cohen selbst ist recht ausführlich und informativ, die mit Wolfgang Niedecken und Hermann van Veen kann man kaum als solche bezeichnen, vielmehr sind dies Zitat-Schnipsel und zudem recht überflüssig. So auch der Epilog, der Anekdote an Anekdote reiht und den Leser ermüdet. Die Stärken des Buches liegen ganz eindeutig in Bereich "Nachschlagen", die Songtexte und die Diskographie sind einen Kauf auf jeden Fall wert.

Der Palmyra-Verlag würdigt in seiner Reihe "...in eigenen Worten" neben Frank Zappa, John Lennon, Bob Marley und Nirvana nun auch Leonard Cohen. Das von Jim Devlin herausgegebene Buch versammelt auf knapp 170 Seiten Cohen-Zitate zu allen möglichen und unmöglichen Themen. Familie, Bildung, Liebschaften, Religion und natürlich auch das eigene Œuvre, bunt gemischt und mit dem Anschein, dem Cohen-Fan für jede Lebenssituation das passende Sprüchlein des Meisters zu liefern. Viele der Statements, vor allem die über die Lieder und Gedichte, geben denn auch einen interessanten Einblick in die Genese und die Hintergründe des Werkes, die selbstironischen Bemerkungen Cohens sind von einer gewissen Lakonie und Eleganz geprägt. "I was born like this, I had no choice, I was born with the gift of a golden voice", so Cohen, "im Grunde meines Herzens halte ich mich für einen Sänger. An guten Tagen halte ich mich für einen Stilisten". Diese kleinen Highlights verdecken aber nicht das zentrale Problem dieses Buches: Wozu eignet sich eine Sammlung bloß interessanter, bestenfalls belangloser Zitate? Die kurzen Aussprüche oder Aphorismen stehen ohne ihren Kontext da und bleiben teilweise unverständlich, zumindest auf den ersten Blick: "Für jemanden, der es nicht nötig hat, ist es völlig nutzlos" steht unter der Rubrik "Gedichte und Romane". Leonard Cohen geht Eulenspiegels Wege und biete uns L'art pour l'art, zweckfreie Kunst.

Titelbild

Jim Devlin (Hg.): Leonard Cohen. In eigenen Worten.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Clemens Brunn.
Palmyra Verlag, Heidelberg 2002.
170 Seiten, 16,00 EUR.
ISBN-10: 3930378418

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch

Titelbild

Christoph Graf: Leonard Cohen. Songs of a Life.
dtv Verlag, München 2002.
352 Seiten, 12,00 EUR.
ISBN-10: 3423205245

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