Kunstloses über König Kasimir und Kopflaus Knut
Über Jan Kaisers Debüt als humoristischer Dichter
Von Klaus Cäsar Zehrer
Besprochene Bücher / Literaturhinweise"Wenn ich unseren Bücherschrank in Augenschein nehme, so geht das links mit Goethe und Heine los, dann kommen Ringelnatz, Morgenstern und ziemlich viel Gernhardt und am Ende, nach einigen anderen, Heinz Erhardt." Auf diese Leseerfahrungen verweist Jan Kaiser, Jahrgang 1976, im Vorwort zu seinem ersten Gedichtband "Wie Schwech und Pefel", und an dieser Stelle kann der Satz nichts anderes bedeuten als: "Das sind meine Vorbilder, von ihnen habe ich gelernt, ihnen eifere ich nach." Was also hat Kaiser seiner Lektüre zu verdanken? Sicherlich die Liebe zum Gedicht und den Willen zur Komik. Das sind gewiss nicht die schlechtesten Neigungen, die ein junger Mensch heutzutage haben kann. Aber zur eigenen komischen Lyrikproduktion befähigt das allein noch nicht.
Auf zweierlei Weise versucht Kaiser, dem Witz nachzukommen. Bei der einen geht er von einer mehr oder minder hübschen Idee aus, beispielsweise von dem tadellosen Merksprüchlein "Wer im Glashaus sitzt, der sollte im Keller bumsen." Dazu reimt er eine kleine Geschichte vorweg, die diese Pointe vorbereitet: Wie er mit Gabi im Glashaus sitzt, und im Vorgarten stehen Leute und sehen ihnen "bei der Liebe" zu. Deshalb handelt er dem bekannten Sprichwort zuwider und bewirft die Spanner mit einem Stein - "Und es splittert das Glas,/ und es scheppert der Stein,/ plötzlich fällt mir ein anderer/ Spruch dazu ein./ So denke ich bei mir,/ den Stein hört man plumpsen:// Wer im Glashaus sitzt,/ der sollte im Keller bumsen."
Der Grundgedanke ist löblich, doch es hapert an der Umsetzung, und zwar aus verschiedenen Gründen. Kaiser fehlt das auch für einen humoristischen Dichter unerlässliche sprachliche Feingefühl: Ein Stein kann nicht scheppern. Seine Verstechnik ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, monoton und ohne jegliche Raffinesse, und dennoch überfordert sie ihn bisweilen. Er reimt im besten Falle simpel und überraschungslos, im schlechtesten schief (plumpsen/ bumsen). Allzu oft füllt er - sicheres Erkennungszeichen von Laiendichtung - freie Silben und Zeilen mit nichtssagenden Formulierungen auf: Die Verse "So denke ich bei mir,/ den Stein hört man plumpsen" sind inhaltlich komplett überflüssig und werden nur zur Erfüllung des Reimschemas gebraucht.
Dennoch sind die Gedichte, bei denen Kaiser auf wackligen Versfüßen einem gedanklichen Ziel entgegen dichtet, noch seine besseren. Bei den übrigen hat er keine erkennbare Ausgangsidee, er hangelt sich von Paarreim zu Paarreim und vertraut darauf, daß ihm unterwegs schon irgend etwas Lustiges unterlaufen werde. Dann führt er einen Wattwurm Alfons ein, einen Dackel Fritjof, eine Krähe Fridolin, einen Karpfen Alfred, eine Assel Fred, eine Kopflaus Knut und so fort, als sei die Verbindung von Tierfabel und ulkigem Vornamen ein niemals versiegender, niemals versagender Garant für einen Lacher. Einer anderen Marotte folgend, lässt er allzu gerne Könige, Wesire und andere zeit- und ortsferne Regenten seine Gedichte bevölkern, um aus der Diskrepanz zwischen Würdenträger und alltäglicher Handlung komischen Ertrag zu schöpfen: "Der König sitzt auf seinem Thron./ Plötzlich schellt das Telefon./ Er greift zum Hörer und brüllt: "Hier/ spricht der König Kasimir!" Auch diese Methode ist nicht prinzipiell untauglich zur Komikerzeugung, sie wird es erst durch ständige Wiederholung - und durch das mangelnde Geschick Kaisers, die angelegte Fallhöhe optimal auszunutzen, beispielsweise durch die Verwendung besonders gespreizter, affektierter Sprache o. ä. Aber auch das Ziehen unterschiedlicher Sprachregister ist Kaisers Sache nicht. Bei ihm reden alle Figuren, ob König Kasimir oder Kopflaus Knut, gleich kunstlos daher.
Goethe, Heine, Ringelnatz, Erhardt: Eine steil nach unten weisende Treppe. Auf der letzten Stufe steht bis auf Weiteres Jan Kaiser.
|
||