Und noch eine Hexe

Nele Moost schickt Molli Mogel im Mietshaus auf Abenteuer

Von Stefan NeuhausRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefan Neuhaus

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Nicht erst seit Harry Potter haben Zauberer und Hexen Konjunktur, sie bevölkern die Kinderliteratur schon länger als 200 Jahre - von der bösen Hexe in "Hänsel und Gretel" bis zu Otfried Preußlers netter "kleiner Hexe". Das deutsche und weibliche Pendant zum britischen Zauberer heißt Bibi Blocksberg, jüngst auch Heldin in einem erstaunlich gut gemachten Kinofilm. Doch spätestens seit Harry Potter hat das Zauberer- und Hexenwesen Hochkonjunktur, kaum ein Verlag kommt mehr ohne zauberhafte und hexenstarke Titel aus. In diesem Fall ist es schon der zweite Band einer Reihe über das Zaubermädchen Molli Mogel, und ein dritter wird am Ende des Buchs bereits angekündigt.

Autorin Nele Moost hat sich mit einem kleinen Raben einen Namen gemacht, der an einem Fuß eine Socke trägt. "Alles meins! Oder 10 Tricks, wie man alles kriegen kann" dürfte ein junger Klassiker des Bilderbuchs sein. 1996 erstmals veröffentlicht, lag er 2000 bereits in der 20. Auflage vor. Auch wenn der kleine Rabe am Ende noch die Kurve kriegt und den früheren Freunden die geklauten oder abgeluchsten Spielsachen zurückgibt, so dürfte doch gerade das anarchische Potenzial der Geschichte die lieben Kleinen ansprechen. Ob Molli Mogel ein ähnlicher Erfolg beschieden sein wird, bleibt abzuwarten.

Angesichts des wenig originellen Themas wird der Eindruck nicht ganz falsch sein, dass hier auf einen fahrenden Zug aufgesprungen werden soll. Zu fragen ist nun: Verstärkt sich der Eindruck beim Lesen? Die Antwort sei vorweggenommen: Nein, trotz der ewigwährenden Zauberei handelt es sich um eine nette, witzige Geschichte, die außerdem hübsch bebildert worden ist. Insbesondere Titelheldin Molli ist so sympathisch gezeichnet (in Schrift und Bild), dass sich kleine Leserinnen sofort mit ihr identifizieren werden.

Molli wohnt in einem Mietshaus, das kuriose Charaktere mit sprechenden Namen bevölkern: Der zerstreute alte Zauberer Golo Gaukel beispielsweise oder der nette, im Haus der Zauberer geduldete Postbote Paul. Problemperson ist - der Name sagt es bereits - Trude Täuschung, die immer Böses tun will, aber nicht kann, seit Molli sie in eine nette Hexe verzaubert hat. Molli darf eigentlich nicht zaubern, das Verbot umgeht sie, indem sie ihr Meerschweinchen König Quasi die Zaubersprüche sagen lässt.

Trude Täuschung findet trotz ihres angezauberten Handycaps einen Weg, es Molli heimzuzahlen. Sie verheimlicht ihr die gute Nachricht, dass Molli wegen ihrer Verdienste ab sofort das selbständige Zaubern erlaubt ist, und sie holt ihre Schwester Herta Hinterhalt zu sich, die Molli in denselben locken soll. Die fiese Intrige der Schwestern sei hier nicht verraten (steht ja schon im Titel, dass man das nicht darf!). Natürlich klappt es nicht mit dem Hinterhalt (oder der Hinterhalt?), doch entwickelt das Büchlein genau die richtige Portion frühkindlicher Dramatik.

Der Pisa-Schock scheint noch nicht tief zu sitzen, sonst würde in einem nicht nur zum Vorlesen, sondern wegen der großen Schrift auch für Erstleser geeigneten Bilderbuch "befiehlt" nicht ohne "h" geschrieben. Ansonsten handelt es sich um ein hübsches, für die Selbstbehauptung im Weihnachtsgeschäft bestens ausgestattetes Büchlein. Auch wenn es vermutlich keinen Kultstatus erlangen wird, so lässt es sich - gerade wegen der liebenswürdigen Skurrilität der Figuren - doch bedenkenlos empfehlen.

Titelbild

Nele Moost: Molli Mogel Verrate nichts, kleine Zauberin!
Baumhaus Verlag, Frankfurt a. M. 2003.
82 Seiten, 8,90 EUR.
ISBN-10: 3831503419

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