Lob sei Gott, Verderben der Ketzerei

"Hexen" - Band 93 der Digitalen Bibliothek befasst sich mit einem traurigen Kapitel deutscher Geschichte

Von Günter Schäfer-HartmannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Günter Schäfer-Hartmann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Die vorliegende CD-ROM-Ausgabe bildet eine umfassende und materialreiche Text-, Bilder- und Quellensammlung" - so das Versprechen von Directmedia Publishing auf der Rückseite der Verpackung. Und in der Tat: die CD-ROM bietet eine Fülle von Material, auf das mittlerweile nicht nur von Windows- sondern auch von Mac-Benutzern zugegriffen werden kann. Dem Zweittitel gemäß, wird nach einer Einführung zum Thema der Inhalt übersichtlich und dreigeteilt dargeboten: Analysen, Quellen und Dokumente.

Die Analysen beinhalten die "Geschichte der Hexenprozesse" von Wilhelm Gottlieb Soldan, Wolfgang Behringers Herausgeberwerk "Hexen und Hexenprozesse in Deutschland", Christa Tuczays "Magie und Magier im Mittelalter" sowie Textbeiträge von Rita Voltmer, Franz Irsigler, Herbert Eiden und Boris Fuge aus dem Katalog "Hexenwahn. Ängste der Neuzeit", der im Jahr 2002 im Rahmen der gleichnamigen Berliner Ausstellung durch das Deutsche Historische Museum herausgegeben wurde. Allein dieses Material lohnt bereits die Anschaffung, aber es folgt noch weitaus mehr.

Als Quellenmaterial bietet die CD-ROM Heinrich Kramers (Institoris) "Hexenhammer", Friedrich von Spees "Cautio Criminalis" und Christian Thomasius "Vom Laster der Zauberei, Über die Hexenprozesse".

Die Dokumente schließlich warten mit 400 Hexensagen und -bräuchen sowie Hexendarstellungen im Bild auf. Diese Bildersammlung umfasst 120 Gemälde, Holzschnitte, Kupferstiche und Zeichnungen berühmter und weniger bekannter Künstler.

Die Texte unter der Rubrik ,Analyse' sind in ihrer ursprünglichen Fassung beibehalten und nicht an die CD-ROM-Ausgabe angepasst worden. Dies führt jedoch u. U. zu Zeit raubenden Suchaktionen, wie zum Beispiel in diesem Fall: "Der Aufklärer Christian Thomasius (1655-1728), einer der großen Kämpfer gegen den Hexenwahn, hat den Hexenhammer als confusissima disputatio bezeichnet." Die Fußnote im Text verweist auf "Thomasius 1712/1986, 174." Bedienerfreundlich wäre hier ein direkter Link zu der Verweisstelle, findet sich Thomasius' "Processus Inquisitorii contra Saga" doch ebenfalls auf der CD-ROM, zumal die angegebenen Seitenzahlen eben nicht mit dem Text der CD-ROM übereinstimmen, so dass lediglich via Suchfunktion und Eingabe eines Suchwortes die betreffende Stelle zu finden ist.

Diese Umständlichkeit wird auch dadurch nicht gemildert, dass die Fundstellen mittels der Konkordanzangabe auf die richtigen Stellen der gedruckten Version verweisen. Dass jedoch eine Verknüpfung mittels Links technisch möglich ist, zeigen die Fußnoten, die grundsätzlich verlinkt sind.

Gleiches gilt für die Internetadressen, die in der Literaturauswahl zur "Geschichte der europäischen Hexenverfolgungen" von Rita Voltmer nicht verlinkt sind und so ausschließlich über die Funktion "Copy & Paste" aufrufbar werden. Der erzwungene Zeilenumbruch im Text führt jedoch dazu, dass die Internetadressen willkürlich geteilt und mit einigen Leerzeichen versehen werden oder dass ein Bindestrich auftaucht, so dass die Adressen im Browser entsprechend zusammenzufügen sind. Wer dies nicht realisiert, wird die Adressen niemals öffnen können. Bei der Windowsversion wird dem vorgebeugt, indem das letzte Zeichen bei Internetadressen nicht mitkopiert wird. Dies führt bei Bindestrichen zum gewünschten Ergebnis, bei "Slashes" als Endungen hingegen zu Adressfehlern, so dass die Seite nicht angezeigt werden kann. Darüber hinaus - und dies ist noch ärgerlicher - sind einige Adressen schlichtweg falsch angegeben. Der Adresse http://www.sfn.uni-muenchen.de/hexenverfolgung/frame lexikon.html fehlt der Unterstrich zwischen "frame" und "lexikon.html" (richtigerweise somit http://www.sfn.uni-muenchen.de/hexenverfolgung/frame_lexikon.html), gleiches gilt für sämtliche Adressen der Universität München. (Die Adresse http://rcswww.urz.tu-dresden.de/~js317854/dabhex/navigation.html ist sogar gänzlich unbekannt; richtiger Weise muss es heißen http://rcswww.urz.tu-dresden.de/~frnz/dabhex/haupt.html - anscheinend ein interner Umzug, der seitens der TU Dresden mit einer automatischen Umleitung hätte versehen werden müssen.)

Ansonsten ist die Kopierfunktion für die Texte sehr gut gelöst: Neben dem eigentlichen Text wird beim Einfügen auch die bibliographische Angabe der CD-ROM und der Konkordanz zur gedruckten Ausgabe angezeigt.

Die Bilder liegen in hoher Auflösung im JPEG-Format vor, so dass gute Druckergebnisse zu erzielen sind. Warum sie jedoch ausschließlich über die Funktion "Bilder" (Mac-Version) bzw. "Abbildungen" (Windows-Version) zoom- und speicherfähig sind, nicht jedoch direkt aus dem Bildteil der Dokumente heraus, ist nicht nachvollziehbar. Auch dies bedeutet wiederum einen Umweg via Suchfunktion, wenn man ein bestimmtes Bild zoomen und / oder speichern möchte.

Wirklich bedauerlich ist jedoch der Umstand, dass die Quellen des "Malleus Maleficarum" und der "Cautio criminalis" nicht über die dtv-Ausgaben hinausgehen und so ausschließlich in der deutschen Übertragung aus dem Lateinischen auf der CD-ROM vorliegen. Für wissenschaftliches Arbeiten wären die lateinischen Texte unabdingbar. Immerhin stehen die Quellen des Christian Thomasius in Lateinisch und Deutsch zur Verfügung.

Fazit: Trotz der beschriebenen Mängel ist die CD-ROM "Hexen. Analysen, Quellen, Dokumente" der Digitalen Bibliothek als nützlich zu bezeichnen. Der Preis von 29,90 Euro ist für die dargebotenen Analysentexte, Quellen und Dokumente sowie Bildmaterialen unschlagbar gut. Der Preis für die einzelnen Texte in gebundener Form wäre im Anschaffungsfall um ein vielfaches höher, abgesehen davon, dass die Suchfunktion einen enormen Vorteil im Auffinden von Textstellen und Suchwörtern bietet und die Möglichkeit zum Kopieren von Textpassagen und Bildern in Text- und Bildbearbeitungsprogramme die Arbeit wesentlich erleichtert. Insofern ist das Preis-Leistungsverhältnis als sehr gut zu bewerten - die Frage nach dem Nutzwert muss sich jeder selbst stellen: Zum bloßen Lesen am Bildschirm eignen sich elektronische Texte auf CD-ROM kaum.

Titelbild

Hexen. Analysen, Quellen, Dokumente.
CD-ROM.
Directmedia Publishing, Berlin 2003.
29,90 EUR.
ISBN-10: 3898531937

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