"Dann fängt es an, dass alles schief geht"

Das Jugendbuch "Skelly und Jake" erzählt den Alltag mit einem Alzheimerkranken

Von Hannelore PiehlerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Hannelore Piehler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Als bei Jakes Großvater Skelly Alzheimer diagnostiziert wurde, dachte der Junge, das sei eben diese Krankheit, die alte Leute vergessen lässt, wo sie ihren Autoschlüssel hingelegt haben. "Und da ich schon dran gewöhnt war, dass Skelly oft ein bisschen geistesabwesend war, dachte ich: keine große Sache." Bald muss Jake jedoch feststellen, dass er sich irrte. Es war eine sehr große Sache.

Die amerikanische Jugendbuchautorin Barbara Park widmet sich in ihrem neuen Buch "Skelly und Jake" einem sensiblen Thema. Das Leben mit einem Alzheimerkranken verlangt einer Familie viel Kraft ab. Und Jake, der ohne Vater aufwächst, steckt zudem gerade mitten in der Pubertät. Der Achtklässler ist bald überfordert. Nicht nur muss er daheim viel Rücksicht nehmen. Auch gegenüber Schulfreunden fühlt er sich isoliert. Denn die anderen Jungs haben altersbedingt wenig Verständnis für eine solche Krankheit, hier gilt Großvater Skelly im günstigsten Fall als "Irrer".

Das Innenleben Jakes schildert die Autorin sehr anschaulich, und auch das Fortschreiten der Krankheit Skellys wird überzeugend dargestellt. Schnell genügen die Gedächtnisstützen in der Wohnung nicht mehr, und der Großvater muss überwacht werden wie ein kleines Kind. Jake vergleicht die Situation mit seiner Schul-Lektüre, John Steinbecks "Die Perle": "Um es vorsichtig zu sagen: 'Die Perle' ist ein Buch ohne jede Hoffnung. Am Anfang passiert etwas Gutes, aber dann fängt es an, dass alles schief geht. Und es geht immer schiefer und schiefer, bis du kaum mehr die Seite umblättern magst, weil du weißt, wie viel schiefer alles noch werden wird."

Auch für Großvater Skelly kann es kein Happy End geben. Die Stärke der Erzählung von Barbara Park ist, dass sie diese Illusion auch gar nicht weckt, wenngleich die Geschichte versöhnlich endet. In "Skelly und Jake" geht es vielmehr um den Alltag mit einem Alzheimerpatienten, um die Peinlichkeiten und Schwierigkeiten für den Jungen Jake, die ohne falsche Sentimentalität auf den Punkt gebracht werden. Für einen 14-Jährigen ist es eben alles andere als einfach, den Opa völlig verwirrt und hilflos zu erleben, ihm sogar die Hose zuknöpfen zu müssen. Wie aber können beide in einer solchen Lage ihre Würde behalten? Auch diese Frage schwingt in dem Jugendbuch stets mit.

Die etwas altklugen Sprüche, die die Autorin mitunter ihrer Hauptfigur unterschiebt, vernachlässigt man deshalb bei der Lektüre gerne. Dafür ist die Geschichte zu lesenswert und nachdenklich.

Titelbild

Barbara Park: Skelly und Jake. Ab 12 Jahre.
Übersetzt aus dem Englischen von Uwe M. Gutzschhan.
C. Bertelsmann Verlag, München 2003.
128 Seiten, 9,90 EUR.
ISBN-10: 3570126994

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