Viel Altbekanntes und ein wenig Neues

Die Zeitschrift "Text + Kritik" würdigt Hannah Arendt

Von Ingeborg GleichaufRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ingeborg Gleichauf

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Am 4. Dezember 2005 jährt sich Hannah Arendts Todestag zum 30. Mal, am 14. Oktober 2006 wird ihr 100. Geburtstag gefeiert werden.

Grund genug also, in der Reihe "Text + Kritik" einen Band über diese große Denkerin des 20. Jahrhunderts herauszugeben. Die meisten der von Wolfgang Heuer und Thomas Wild herausgegebenen Texte entstammen der Feder bekannter Arendt-Forscherinnen und -forscher. Jerome Kohn schreibt über eine persönliche Begegnung mit Arendt, in der sie sich ihm als "geistsprühend" darstellte, Ingeborg Nordmann hat sich Hannah Arendt als Briefschreiberin vorgenommen, Sebastian Hefti setzt sich mit "Denkbildern" auseinander und lässt keinen Zweifel an seiner riesigen Bewunderung für die Denkerin, und Barbara Hahn reflektiert in einer von Pathos getragenen Tonlage über Arendts Schreibweise.

Wohltuend nüchtern heben sich davon Sigrid Weigels Studie zu den "Denktagebüchern" sowie Susannah Young-ah Gottliebs Auseinandersetzung mit Arendts Arbeit für die Literaturkritik ab. Dank gebührt auch Ursula Ludtz für ihre Übersetzung der "Sonning-Rede" Arendts aus dem Jahr 1975, die hier erstmals in deutscher Sprache abgedruckt ist.

Überaus spannend sind vor allem der Aufsatz Alfons Söllners über die Beziehung zwischen Theodor W. Adorno und Hannah Arendt, der von einer Analyse ihrer Vorstellungen zum Thema Essay ausgeht, sowie die Untersuchung der Bezüge des Arendt'schen Denkens zur deutschen Gegenwartsliteratur, am Beispiel Rolf Hochhuts aufgezeigt. Hier erfahren die Leser Neues - auf ein abermaliges Aufwärmen der Geschichte Heidegger-Arendt hätte man hingegen verzichten können.

So ist ein Band entstanden, der ein wenig den Eindruck erweckt, man müsse "ja" sagen zu allem, was Arendt gesagt hat, um überhaupt mitreden zu können. Es fehlen kritische Kommentare, und es fehlen jüngere oder ganz junge Stimmen. Diesen sicherlich existierenden Forscherinnen und Forschern sollte die Möglichkeit gegeben werden, auch in einer solch renommierten Reihe etwas sagen zu dürfen.

Dennoch: Ein lesenswerter Band, der Interesse an Arendt weckt und gerade da, wo bislang wenig erforschte Zusammenhänge angesprochen werden, zu inspirieren vermag


Titelbild

Heinz Ludwig Arnold (Hg.): Hannah Arendt. Text + Kritik. Heft 166/167.
edition text & kritik, München 2005.
198 Seiten, 21,00 EUR.
ISBN-10: 3883777870

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