Lyrisches Konfekt

Elke Schmitters Gedichte über die Unbeständigkeit der Liebe

Von Christina LangeRSS-Newsfeed neuer Artikel von Christina Lange

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Gedichte lesen, möchte man meinen, ist aus der Mode gekommen. Noch dazu Liebesgedichte. Schließlich, mäkeln Skeptiker, ist doch schon alles zum Thema gesagt worden. Kein Wunder, denn das Sujet "Liebe" wurde von Walther von der Vogelweide über Goethe bis zu den Lyrikern der Gegenwart ja immer wieder in Gedichte verpackt. Ein zeitloses Thema eben und schon das ist Grund genug, die Liebe auch weiterhin zu thematisieren. Zum Beispiel in Gedichten, wie Elke Schmitter sie schreibt.

Die ehemalige taz- Chefredakteurin und Romanautorin (u. a. "Frau Santoris", 2000 erschienen) schlägt in ihren 51 teils sehr kurzen Gedichten einen Bogen, der von Zuständen des Verliebtseins bis hin zum Scheitern der Liebe alles zu beinhalten scheint. Dabei findet sich in den meisten Gedichten eine Art von negativem Unterton. Was die Autorin hier beschreibt, hat nichts mit Kitsch oder ungetrübter Romantik zu tun.

Da wird beispielsweise ein kleiner Mond, der im Garten vor sich hinschimmelt, zu der Sonne "meiner" Tage, wie das lyrische Ich in "Hefeherz", dem Eingangsgedicht des Bändchens, erklärt. Oder es heißt, in einem Gedicht mit dem bezeichnenden Titel "Poesie mechanique":

"als das gejaule der katzen verklungen war
lag schmatzend nur noch der see, still
und friedlich im dunkelnden fenster.
die träumende nacht schwitzte lügen, und menschliches
glück hob an."

Überhaupt ist manches Mal von Wahn in Bezug auf die Liebe die Rede, von Konjunktiven oder wie in "Flughafen Amsterdam" von der Schwierigkeit, "an das glück zu denken".

Besonders die Texte, die sich im letzten Teil des Buches befinden, sind oft von traurigen Stimmungen geprägt. Wie beispielsweise bei dem titelgebenden Gedicht "Kein Spaniel", welches mit den Zeilen endet:

"ich habe keine schwelle mehr
auf der ich warten kann"

Das lyrische Ich bezeichnet sich hier als "dein herrenloser hund", eine abstoßende Kreatur, abhängig vom lyrischen "du", welches es verstoßen hat.

Doch selbst innerhalb von trüben Thematiken überrascht Schmitter zeitweise mit beinah witzigen Bildern, etwa wenn sie in "Bin bei dir" dem lyrischen "Ich" ein "ich bin dein blinddarm" in den Mund legt.

Insgesamt baut die Autorin durch ihre kraftvollen und originellen Bilder Stimmungen auf, welche die Gedichte in "Kein Spaniel" auszeichnen. Meistens gelingt es ihr, durch ihre Sprache und die schon anfangs erwähnte Zerrissenheit, die sich in ihren Texten spiegelt, eine Spannung aufzubauen, die dem Wesen der Liebe, z. B. in ihrer Unbeständigkeit, sehr nahe zu kommen vermag. Eben dies unterscheidet diese Gedichtsammlung von vielen anderen. Da stört es auch nicht, wenn im Kontext dann hin und wieder doch mal ein vereinzeltes pathetisches Bild auftaucht wie etwa auf das "flußbett der trauer".

Zuletzt bleibt zu empfehlen, "Kein Spaniel" wie eine Schachtel lyrisches Konfekt zu sich zu nehmen. Am besten hin und wieder ein Stück auf sich wirken lassen und den zartbitteren Beigeschmack genießen, ohne jedes Wort ins Kleinste analysieren zu wollen.


Titelbild

Elke Schmitter: Kein Spaniel. Liebesgedichte.
Berlin Verlag, Berlin 2005.
54 Seiten, 16,00 EUR.
ISBN-10: 3827006031

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