Hinterfragen einer gemischten Biografie

Zum 65. Geburtstag der Schriftstellerin Monika Maron am 3. Juni

Von Peter MohrRSS-Newsfeed neuer Artikel von Peter Mohr

"Natürlich kann ich nicht sagen, mein Leben fängt erst 1990 an, aber es ordnet sich um einen anderen Mittelpunkt, und die Fragen stellen sich anders. Ich hätte Pawels Briefe nicht schreiben können, solange es die DDR noch gab", bekennt die Schriftstellerin Monika Maron, die im Rückblick auf ihr eigenes Leben von einer "gemischten Biografie" spricht. Deutsch-deutsche Grenzgänge im geografischen wie im politischen Sinn spiegeln sich nachhaltig in Leben und Werk der Kleist- und Hölderlin-Preisträgerin.

In der ehemaligen DDR hatte sie als Stieftochter des Innenministers Karl Maron beste Karrierevoraussetzungen. Doch nach ihrem nicht ganz freiwillligen Engagement in der FDJ, einem Jahr Arbeit als Fräserin, einem Studium der Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften und einem kurzen Intermezzo als Regieassistentin beim DDR-Fernsehen entschied sich Monika Maron für eine Existenz außerhalb des reglementierten Systems und wurde Journalistin und Schriftstellerin.

Gleich mit ihrem ersten Roman "Flugasche" (1981) sorgte die vor 65 Jahren in Berlin geborene Autorin für einen Paukenschlag. Sie prangerte unkaschiert die Umweltsünden im DDR-Braunkohletagebau an. Das Buch wurde in der DDR ebenso verboten wie ihr zweiter Roman "Die Überläuferin" (1986), mit dem sie im Westen den endgültigen Durchbruch schaffte. Wenig später wurde im "Zeit-Magazin" der deutsch-deutsche Briefwechsel mit dem Schriftstellerkollegen Joseph von Westphalen veröffentlicht. Die im Westen gefeierte Autorin Monika Maron war für die DDR nicht mehr tragbar, und so wurde ihr 1988 die Ausreise in die Bundesrepublik gestattet. Anders als viele ihrer Weggefährten hat sie sich allerdings nicht ideologisch vereinnahmen und zur pauschalen Abrechnung mit der DDR oder zu einer unreflektierten Sozialismusschelte hinreißen lassen.

Die künstlerische Auseinandersetzung mit ihrer "gemischten Biografie" setzte sich auch nach dem Mauerfall fort - mit den Romanen "Stille Zeile sechs" (1991) und "Pawels Briefe" (1999), die trotz ihres autobiografischen Fundaments exemplarischen Charakter für die in der DDR aufgewachsene Generation der "Kriegskinder" hatten.

Ihre besten Werke gelangen Monika Maron, die auch als scharfsinnige Essayistin immer wieder auf sich aufmerksam machte, wenn sie sich der Fesseln der eigenen Vita und der deutsch-deutschen Politik entledigte und tief in das Innere ihrer Figuren blickte. In "Animal triste" (1996) erzählt sie auf eindrucksvolle Weise von der unglücklichen Liebe einer Paläontologin, die das Bewusstsein verliert und in einem komatösen Zustand den eigenen Tod vor Augen hat.

Mit dem Problem des Älterwerdens setzte sie sich in leicht melancholischem Tonfall auch in ihrem letzten Roman "Endmoränen" (2002) auseinander. Die Protagonistin Johanna fürchtet sich vor der "öden langen Restzeit" und erlebt mit einem jungen Kunsthändler noch einmal das Aufflackern körperlicher Begierden. Mit diesem stillen Buch über die emotionale Berg- und Talfahrt ihrer Protagonistin hat Monika Maron, die im Berliner Stadtteil Schöneberg lebt, ihr Meisterwerk vorgelegt.

Nichts ist zu spüren bei ihr von der "Gravur der Greisenhaftigkeit", die sie ihrer Johanna in den "Endmoränen" mit auf den Weg gab. Stattdessen stellt sich eine wohltuende Mischung aus Gelassenheit und kritischer Selbstbeobachtung ein.