Viele Spinnen und noch mehr Druckfehler

Monja Krohn und Eckhard Grabow legen mit „Vorsicht Spinne im Auto“ eine Liebesgeschichte vor, die vom Verlag nicht liebevoll betreut wurde

Von Rainer RönschRSS-Newsfeed neuer Artikel von Rainer Rönsch

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Schon der Buchtitel bringt einen ins Grübeln. Warum kein Komma nach „Vorsicht“ und kein Ausrufezeichen am Ende? Haben grafische Erwägungen über den Duden gesiegt? Das Grübeln geht weiter. Die Hauptpersonen sind die Journalistin Annie Cooper und der Stararchitekt Harrison Smith. Ist man in Hamburg und um Hamburg herum so weltläufig, oder wird an eine englische Fassung des Romans gedacht?

Der zweite und der dritte Satz des Buchs: „Der Lärm der Straße ließ sie nicht denken. Sie schloss in Gedanken das Fenster.“ Was kann man in Gedanken tun, wenn man nicht denken kann? He, Rezensent, nicht beckmessern! Annies Gehirn ist womöglich anders beschaffen als das anderer Menschen.

Ihr Gehör auch, denn sie versteht tatsächlich, was ein Mann auf der lärmerfüllten Straße sagt. Für eine Hörfunkjournalistin sind gute Ohren zweifellos ein Plus. Sprachgefühl wäre auch eines, doch Annie sagt einem Interviewpartner, im Studio gebe es „eigentlich“ keinen Kaffee. Nun erwartet man, dass sie eine Ausnahme macht, aber nichts da – es gibt keinen Kaffee.

Was es gibt, sind ellenlange Ausschnitte aus Annies Sendung „Na-Tour“, und die „verband den modernen Zeitgeist mit der Natur und ihrer Rettung“. Und weil da unten auf der Straße von einer Spinne im Auto die Rede war, ist man flugs beim aktuellen Sendethema, den gefährlichen Wildtieren in Deutschland. Man kann die Ausführungen über „Arachnophobie am Steuer“, also Spinnenangst beim Autofahren, als Podcast herunterladen oder in der Audiothek erneut anhören. Doch im Buch bringen die populärwissenschaftlichen Ausführungen in zuweilen verquerem Deutsch die Handlung nicht voran.

Versprochen wird eine „turbulente Liebesgeschichte“, tatsächlich aber ist außer allzu häufigen Zufällen mit Spinnen fast alles vorhersehbar. Harrison sagt jemandem, er kenne die Besitzerin der schönen Radiostimme „noch nicht“ – Marschrichtung klar. Annie findet Harrisons Telefonstimme schön, und Stimme ist Stil.

Als Annie und Harrison an einem Abend kein Date haben können, weil er mit seinem Bauherrn und sie mit ihrem Onkel verabredet ist, wird die Überraschung kaputtgemacht und früh verraten: Smiths Bauherr ist Annies Onkel. Für ein paar Minuten Eifersucht muss die gutaussehende lesbische Haushälterin des Architekten herhalten, ehe er und Annie auf der Treppe eine Spur „aus ihren Socken, Hosen, Hemd und Unterwäsche“ hinterlassen. Und dann? „Was dann geschah, weiß jeder, der schon einmal die gleiche Liebe inhaliert und gelebt hat, wie die beiden es jetzt taten.“

Noch Fragen? Nur die eine: Hat sich der Verlag das Lektorieren ausgerechnet bei einem Debütroman erspart? Das Korrekturlesen ganz gewiss, denn Komma- und andere Fehler häufen sich in erschreckendem Maße.

Titelbild

Monja Krohn / Eckhard Grabow: Vorsicht Spinne im Auto. Zwischen Radio, Liebe und ganz normalen Spinnen.
Königshausen & Neumann, Würzburg 2022.
116 Seiten , 16,00 EUR.
ISBN-13: 9783826076985

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