Nachwort

Was wird denn von seinem Werk bleiben? Das ist die Frage, mit der man in der Regel nach dem Tod eines großen Schriftstellers die Kritiker und die Journalisten bedrängt. Und die meisten sind leichtsinnig genug, die Antwort nicht zu verweigern: Sie nennen einige Titel. Aber im Grunde sind alle diese Antworten belanglos: Was von den Befragten erwartet wird, sind sie überhaupt nicht imstande zu leisten.

Gewiß können sie sagen, welches Buch des verstorbenen Autors sie für besonders schön halten, welchem sie eine besondere Bedeutung beimessen. Doch ob es sich als beständig oder gar unverwüstlich erweisen werde, ist niemals voraussehbar. Denn dies hängt nicht nur von seiner Qualität und seiner Originalität ab, vielmehr von dem Ergebnis einer Konfrontation – und zwar eben dieses Werkes mit der Welt, wie sie in dreißig oder fünfzig Jahren sein wird. Indes haben uns die Erfahrungen (zumal unseres Jahrhunderts) gelehrt, daß es müßig ist, die Entwicklung der Welt voraussagen zu wollen. Daher veralten von allen in ihrer Zeit erfolgreichen Romanen am schnellsten die Zukunftsromane.

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Aus Marcel Reich-Ranicki: Wolfgang Koeppen. Verlag LiteraturWissenschaft.de, Marburg 2016 (Sonderausgabe von literaturkritik.de)