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American War

Roman

Von Omar El Akkad


Karsten Herrmann schrieb uns am 04.02.2018
Thema: Omar El Akkad: American War

Düstere neue Welt

Unsere Welt ist in den letzten Jahren ins Wanken geraten und zeigt sich von vielen Seiten bedroht: Unberechenbare Staatslenker, Terror, (Bürger-) Kriege, Fluchtwellen oder Klimakatastrophe. So wundert es nicht, dass in der Literatur derzeit auch Dystopien, also die Darstellung von negativen bis apokalyptischen Gesellschaftsentwicklungen Konjunktur haben. Eine besonders beklemmende hat nur der in Nordamerika lebende und in Ägypten geborene Omar El Akkad mit „American War“ vorgelegt.

El Akkad erzählt von einem düsteren Amerika im Jahr 2075: Die Meeresspiegel sind gestiegen und haben Millionen zur Flucht ins Landesinnere gezwungen und zwischen den Nord- und Südstaaten ist ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Mittendrin ist die Familie Chestnut, die an einer der Frontlinien lebt und deren Vater bei einem Terroranschlag ums Leben kommt. Gemeinsam mit ihren zwei Töchtern und dem Sohn siedelt die Mutter in ein Flüchtlingslager über, wo sie sechs Jahre lang leben. Hinter Stacheldraht lernt die jüngste Tochter Sarat, die Hauptprotagonistin, eine Welt voller Gefahr, Gewalt und Leid kennen. Hier gerät sie auch in die Fänge von Albert Gaines, einem charismatischen Verführer, der ihr den Hass auf die gegnerischen Nordstaaten einpflanzt. Als das Flüchtlingscamp überfallen und ein Massaker verübt wird, kennt die überlebende Sarat nur noch einen Gedanken: Rache. Als Scharfschützin verübt sie Attentate auf hochrangige Nordstaatler – bis sie gefasst und mit jahrelanger Folter gebrochen wird. Zurück in Freiheit wird sie schließlich willfähriges Werkzeug eines teuflischen Plans, dem Millionen von Nordstaatlern zum Opfer fallen sollen.

Omar El Akkad entwirft in seinem Roman eine Welt in radikalen Umbrüchen: Während die USA in Wassermassen und verheerendem Bürgerkrieg versinken, haben sich die arabischen Staaten zur neuen Weltmacht aufgeschwungen und versuchen ihre Einflusssphäre auszudehnen. Am Beispiel der introvertierten, aber furchtlosen und verbissenen Sarat zeigt El Akkad, wie ein Mensch indoktriniert und radikalisiert und schließlich als fürchterliche Waffe eingesetzt wird. Das Ganze erzählt er in einem lakonischen, sich jeglicher Wertung enthaltenen Ton und mit zuweilen drastischen Bildern. Eine quasi dokumentarische Funktion übernehmen die zusätzlich eingefügten Berichte aus Untersuchungsausschüssen und von Zeitzeugen.

„American War“ ist ein Buch, das den Leser packt und schaudern lässt. Geschickt verbindet er in seiner Dystopie aktuelle krisenhafte Entwicklungen von der drohenden Klimakatastrophe bis zu globalen und nationalen politischen Umwälzungen in den USA. Das eigentlich erschreckende an dieser apokalyptischen Welt ist, dass sie gar nicht mehr so unvorstellbar scheint.


Omar el Akkad: American War. Aus dem Amerikanischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. S. Fischer, 446 Seiten. 24,00 Euro.

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