Ratschläge eines politischen Mentors - Oskar Negt bezieht in seinem Buch über "Achtundsechzig" die Geschehnisse von 1968 auf die Gegenwart
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseOskar Negts Buch "Achtundsechzig" erschien erstmals im Jahr 1995. Dieses Erscheinungsdatum geht mit einer besonderen Absicht des Autors einher: Da ihm eine "angemessene Form des Jubiläums von 68" nicht möglich schien, wählte er ein Datum, das sich "querlegt", also kein Jubiläumsjahr ist.
Anlass zu diesem Werk war einerseits die Tatsache, dass immer öfter bekennende "68er" das, wofür sie einst kämpften, öffentlich negierten - und andererseits der Wunsch, dem Vergessen und dem Verlust des kollektiven Gedächtnisses über die Ereignisse von 1968 Einhalt zu gebieten. Der Autor sieht sich selbst als einen "politischen Mentor", der Ratschläge gibt und ermahnt - als jemand, dem die "öffentliche Parteinahme für die rebellierenden Studenten" Autorität verlieh - zu einer Zeit, als es noch kaum linke Lehrende an Hochschulen und Universitäten gab. Da er sich politisch als "58er" einstuft, kann er sich - so Negt - kritisch von 1968 distanzieren, "ohne sich distanzieren zu müssen".
Im vorliegenden Werk verbindet er persönliche Erlebnisse mit "politisch-soziologischen Analysen" und verwendet dabei eigene Texte und Dokumente, die er kritisch kommentiert. Negts Anliegen ist es aber nicht nur, die "ursprünglichen Ereignisse und Ideen" aufzuarbeiten, sondern er setzt sie auch in Bezug mit gegenwärtigen Geschehnissen und ungelösten Problemen, um zugleich die Verantwortung und die Verpflichtungen, die aus diesen Ideen erwachsen und die heute noch immer präsent sind, hervorzuheben.
Gegliedert ist diese Arbeit in sechs Teile, wovon jeder verschiedenen Themen gewidmet ist, die unabhängig voneinander unterschiedliche Fragestellungen beleuchten: So wird etwa die Frage aufgeworfen, wie der drohende Wiederholungszwang der Geschichte zu durchbrechen sei oder die politische Verantwortung der Intellektuellen erörtert. Sein Werk soll allerdings keine fertigen Lösungen für die angesprochenen Probleme liefern, sondern den Leser dazu anregen, "den gegenwärtig um sich greifenden Ausgrenzungstrategien gegenüber dem, was links war", zu misstrauen und in Bezug auf 1968 kritisch zu bleiben.
N.K.
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