Es bleibt alles beim Alten

Zur Neuausgabe von Dieter Lampings "Moderne Lyrik"

Von Wulf SegebrechtRSS-Newsfeed neuer Artikel von Wulf Segebrecht

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Als "Eine Einführung" erschien Lampings "Moderne Lyrik" zuerst 1991 in der "Kleinen Vandenhoeck-Reihe". Der Untertitel ist nun entfallen, aber den Einführungscharakter hat das Buch auch als Hardcover behalten. Lamping hat nicht sehr viel geändert und nicht viel ändern müssen. Es handelt sich im wesentlichen um redaktionelle Verbesserungen und einige aktualisierende Ergänzungen. So ist an die Stelle der pauschalen komparatistischen "Bibliographischen Hinweise" ein sehr umfangreiches "Literaturverzeichnis" mit über 200 Titeln getreten. Die Gliederung, die Beispielreihen und auch die meisten Formulierungen sind die gleichen geblieben. Das ist nicht als Einwand gemeint - im Gegenteil: Offenbar hat sich das Ganze bewährt. Aus der Sicht des "Fachmanns, der schon alles kennt" (aber an ihn wendet sich Lampings Buch ausdrücklich nicht), wäre zwar wohl eine eingehendere Auseinandersetzung mit der jüngeren Moderne-Diskussion (Helmuth Kiesel, Silvio Vietta) wünschenswert gewesen, aber andererseits besticht Lampings Kunst, Diffiziles auf den Punkt zu bringen.

In der Hauptsache bleibt alles beim Alten: Drei Formen der Moderne werden in den Blick genommen: die literarische, die ästhetische und die soziologische Moderne. Und die Positionierung der modernen Lyrik erfolgt im Anschluss an einen generellen Überblick durch fünf separate Betrachtungen (jeweils anhand exemplarischer Texte). Sie gelten 1. der Art des Umgangs mit der Realität zwischen Wiedergabe und Verfremdung; 2. der "Revolutionierung" der formalen Mittel der Metrik (Freie Verse) und des Reims, 3. der Synthetisierung der Künste (Literatur, Bildende Kunst, Musik); 4. der Frage nach der ethischen Komponente (politische Lyrik) und 5. der sogenannten "Postmoderne".

Lamping argumentiert und exemplifiziert stets mit dem Blick des Komparatisten, doch überwiegen die deutschen Textbeispiele deutlich. Wer danach fragt, welche deutschen Gegenwartslyriker einem als paradigmatische Vertreter der Moderne begegnen, dem sei verraten: Rolf Dieter Brinkmann, Hans Magnus Enzensberger Reiner Kunze, Peter Rühmkorf und Durs Grünbein (dieser erst neuerdings) kommen vor, nicht aber Thomas Kling, Oskar Pastior und Robert Gernhardt, von den Jüngeren ganz zu schweigen. Das besagt aber nicht viel. Hier kommt es auf die Bestimmungsmerkmale der lyrischen "Moderne" an - und die hat Lamping auf überzeugende Weise namhaft gemacht.


Titelbild

Dieter Lamping: Moderne Lyrik.
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2008.
176 Seiten, 24,90 EUR.
ISBN-13: 9783525208625

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