Der von Markus Joch, York-Gothard Mix und Norbert Christian Wolf herausgegebene Sammelband „Mediale Erregungen?“ sondiert die Anschlussfähigkeit der Feldtheorie für die Literaturwissenschaft

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mit der stetig wachsenden Zahl literarischer Anbieter hat sich der Kampf um die knappe Ressource Aufmerksamkeit zugespitzt. Grund genug, die Durchsetzungs- und Medialisierungsstrategien von Akteuren im Literatur- und Kulturbetrieb seit den 1960er-Jahren zu analysieren. Der 19 Aufsätze umfassende Band führt dabei den Nutzen der Feldtheorie vor, die den Legitimationskämpfen in der Gesellschaft der Künstler am überzeugendsten Rechnung trägt, ist aber plural angelegt. Auch Kritiker Pierre Bourdieus kommen zu Wort. Seiner Zentralthese etwa, wonach künstlerischer Rang sich an der Unabhängigkeit von kommerziellen und massenmedialen Prämierungen bemisst, hält Georg Franck entgegen, dass rigide verstandene Autonomie nur um den Preis medialer Marginalisierung und somit Aufmerksamkeitsverlust zu haben sei.

Tatsächlich? Bedarf literarisches Prestige überhaupt massenmedialer Verstärkung? Und umgekehrt: Inwieweit hat sich der von Bourdieu akzentuierte Gegensatz zwischen ,hoher‘ und populärer Literatur, Long- und Bestsellern, feldinterner Konsekration und massenmedialer Literaturverarbeitung inzwischen relativiert beziehungsweise an welchen Orten zeichnen sich graduelle Übergänge ab? Wie wird die Spannung zwischen Eigensinn und Kommerz von zeitgenössischen Künstlern selbst beobachtet? Instrumentalisieren sie die Medien oder werden sie von ihnen instrumentalisiert? Um diese und verwandte Fragen kreisen Beiträge unter anderem von Uta Degner zur Medienkritik und Selbstmedialisierung bei Elfriede Jelinek, von Wilhelm Haefs zur Erfolgsgeschichte Daniel Kehlmanns, von Nina Birkner zur Selbstreflexion und -inszenierung im zeitgenössischen Künstlerdrama und von Jochen Strobel zu Thomas Mann als Fernsehstar.

Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert grundsätzlich nicht die Bücher von regelmäßigen Mitarbeiter / innen der Zeitschrift sowie Angehörigen der Universität Marburg. Deren Publikationen können hier jedoch gesondert vorgestellt werden.

Titelbild

Markus Joch / York-Gothart Mix / Norbert Christian Wolf / Nina Birkner (Hg.): Mediale Erregungen? Autonomie und Aufmerksamkeit im Literatur- und Kulturbetrieb der Gegenwart.
Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2009.
368 Seiten, 99,95 EUR.
ISBN-13: 9783484351189

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch