Strobo mexikanisch

Nach Airens Debüt „ Strobo“ ist nun der Nachfolgeband „I am Airen Man“ erschienen

Von Hans Peter RoentgenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Hans Peter Roentgen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Erst war Airen in Berlin unterwegs, in der Technoszene. Das schilderte er in einem Blog, daraus wurde ein Buch, „Strobo“ und dann schrieb Helene Hegemann aus diesem Buch ab und machte es unfreiwillig berühmt. „Strobo“ begeisterte tatsächlich durch die hautnahe Schilderung der Technoszene rund um den mittlerweile bekannt-berüchtigten Berliner Club „Berghain“, durch die Direktheit des Textes und dadurch, wie schonungslos, wie genau der Autor sich und andere darin zeichnen konnte.

Jetzt hat der Verlag Blumenbar ein Nachfolgebuch herausgebracht: Seine Firma hat den Erzähler Airen nun nach Mexiko geschickt. Kann dieser zweite Roman mit dem ersten mithalten? Oder handelt es sich nur um einen Abklatsch des ersten Bandes?

Um es kurz zu machen: Mexiko ist dem Autor Airen viel ferner als Berlin. Auch wenn er dort monatelang gelebt hat. Deshalb scheinen im Text wirklich oft nur noch die Drogen eine Rolle zu spielen.

Von seiner Firma, einer Berliner Unternehmensberatung wird der Erzähler direkt nach Mexiko-City geschickt. Erstmals lässt er dort Kollegen an sich heran, die er in Berlin immer auf Abstand hielt: „Am schlimmsten ist, wenn die dann ganz arglos und freundlich auf einen zukommen und man die Angst nicht aus den Augen kriegt: Die Angst, erkannt zu werden.“

Da klingt der Airen des ersten Bandes durch: Ehrlich und direkt schildert er seine Gefühle, und der Leser kann ihm folgen. Der Stil ist, wie im ersten Band, eindrücklich, gekonnt, ohne je in Manierismus abzugleiten.

Doch was erzählt wird, verschwimmt bald wieder im Drogenrausch. Wochen- und monatelang lässt sich Airen krankschreiben, besorgt sich mit Geld falsche Atteste. Der Text zieht bald nur noch wie die Beschreibung einer endlosen Junkiereise am Leser vorbei. Immer wieder mit Stellen, die durchaus berühren können, aber dazwischen mit umso mehr Längen. Der Erzähler wird von einer älteren Mexikanerin adoptiert und an deren Enkelin verkuppelt. Er stellt erstaunt fest, dass er verliebt ist. Doch das blitzt nur ganz kurz auf, zwischen langen Drogenexzessen, die die beiden miteinander verbringen. Mal in Vera Cruz, dann in Acapulco, dann wieder zurück in Mexiko City. Die Schauplätze scheinen sich zu gleichen als bloße Orte des Drogenkonsums.

Fast hat man den Eindruck, dass der Autor sich plötzlich scheut, seinen Erzähler in Sachen Liebe seine alte Ehrlichkeit und Direktheit beibehalten zu lassen.

Was verständlich wäre. Denn wer will in solchen autobiografischen Texten schon sein Liebesleben öffentlich ausbreiten. Nur verflacht dadurch der Roman merklich. Plötzlich ist der Protagonist wieder zurück in Deutschland, mit einer Freundin, die schwanger ist, stellt fest, dass das Berghain die alte Faszination nicht mehr hat. Auch das kommt sehr unvermittelt, aber der Leser muss es ihm glauben.

Airens neues Buch ist nicht schlecht. Der Autor kann schließlich beobachten und verliert sich nicht in gewollt literarischer Sprache. Immer wieder blitzt die alte literarische Direktheit auf. Als ein Kapitel am Ende des ersten Buches wäre der Text einsetzbar gewesen. Zum eigenständigen Buch ausgewalzt wirkt er jedoch viel zu ermüdend.

Titelbild

Airen: I am Airen Man. Roman.
Blumenbar Verlag, Berlin 2010.
172 Seiten, 17,90 EUR.
ISBN-13: 9783936738858

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch