Todeszone Wiener Vorstadt

Über Günter Neuwirths charmanten Krimi „Paulis Pub“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Ermittler in diesem Kriminalstück heißt Hoffmann. Es ist eher unscheinbar und bei seinen Kollegen als „langsamster Polizist Wiens“ verschrien. Hektisch geht es daher im vorliegenden Bändchen nicht zu. Aber dies entspricht auch der gefühlten Geschwindigkeit der Stadt, die einen erheblichen Anteil in dem Roman von Günter Neuwirth einnimmt und deren Atmosphäre zu einem großen Teil den Charme des Krimis ausmacht. Hinzu kommen die liebenswerten Personen, die man als Leser schon nach wenigen Seiten ins Herz geschlossen hat. Dabei sind es erstaunlicherweise Gute und Böse gleichermaßen, die den Leser in den Bann ziehen. Mit wenigen Sätzen schafft es der Autor, aus Handlungsträgern richtige Charaktere und Menschen entstehen zu lassen. Dies ist Neuwirths Stärke, die Personen mit dem lokalen Kolorit zu verbinden und daraus eine lesenswerte Mischung zu schaffen.

Und dann ist da noch der Ermittler Hoffmann, auf den man die ganze Zeit gespannt wartet, was nicht zuletzt an seiner epochalen Langsamkeit zu liegen scheint. Seine Charaktereigenschaften beschreibt der Autor auf das Treffendste: „Hoffmann schaltete die Kaffeemaschine ein. Er hatte viel Kaffee gemacht, zum einen, um seine Müdigkeit damit zu bekämpfen, zum anderen, um seinem Kollegen Assmann auch eine Tasse anbieten zu können. Hoffmann wusste, dass Assmann im Gegensatz zu ihm seinen Dienst fast immer pünktlich um acht antrat. Vielleicht würde er ganz gern eine Tasse trinken. Das heiße Wasser sickerte durch das Kaffeepulver. Hoffmann setzte sich an seinen Schreibtisch.“ Diese Haltung überträgt sich auf den Roman und führt zu einem unterhaltsamen Verhältnis von schnellen, kurzen Passagen und einem generell entschleunigten Erzählfluss.

Die Bühne von Neuwirths Kriminalspiel ist belebt: Hannes taucht auf, der kleine Dealer, der irgendwie über die Runden zu kommen versucht, oder der korrekte Polizeibeamte Assmann, der sich selbst im Weg steht. Auch Carina, die orientierungslose Kolumnistin, die auf der Suche nach echten journalistischen Herausforderungen ist, trägt ihren Teil zu dem kleinen Mikrokosmos bei, der sich um die Szenekneipe „Paulis Pub“ versammelt. Mittendrin steht Pauli, Urgestein der Szene und für alle eine Art Vater oder großer Bruder, der auf seine „Kinder“, die Besucher von „Paulis Pub“, aufpasst. So entsteht eine gelungene Variante eines hochgradig sozial(kritisch)en und gleichzeitig sozialromantischen Kriminalromans, der durch die Kombination von Lokalkolorit und authentischen Personen den Leser auf weitere Nachfolgebände hoffen lässt.

Einige wenige schwache Stellen findet man aber auch in Neuwirths Roman, die schon fast in anheimelnden Kitsch umschlagen: „Hannes hob sie hoch und drückte sie an sich. Carina umschlang ihn mit den Beinen. Ein Sturm sehnsüchtiger Küsse tobte über sie hinweg. Eng umschlungen rollten sie auf das Sofa. Alle Zeit stand still. Zwei Menschen in der Ewigkeit der Liebe.“ Solange dies aber die einzige Kritik ist, die man anzumerken hat, dann ist der Roman eine freundliche Leseempfehlung wert, eine nette Kriminalunterhaltung, fernab von CSI, Forensik und Splatterthriller.

Titelbild

Günter Neuwirth: Paulis Pub. Krimi.
Edition buche, Stainz 2008.
308 Seiten, 15,00 EUR.
ISBN-13: 9783902651006

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