Tagebuch, Werkstattbericht und Chronik in einem

„Jan Seghers’ Geisterbahn“ gibt Einblicke in die Gedanken und das Alltagsleben von Matthias Altenburg

Von Jutta LadwigRSS-Newsfeed neuer Artikel von Jutta Ladwig

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Seit Mai 2006 veröffentlicht Autor Matthias Altenburg auf seiner Webseite sein Internettagebuch „Jan Seghers’ Geisterbahn“. Besser bekannt ist der Autor unter seinem Pseudonym Jan Seghers. Seine Kriminalromane „Ein allzu schönes Mädchen“ oder „Die Akte Rosenherz“ machten ihn zu einem der beliebtesten Verfasser deutscher Kriminalliteratur.

Jetzt ist „Jan Seghers’ Geisterbahn“ in Buchform erschienen. Sie vereinigt die Tagebucheinträge vom 6. Januar 2006 bis zum 15. Juni 2011. Ein Roman in Tagebuchform. Das kündigt zumindest der Verlag an. Aber so einfach ist es nicht. Ein zusammenhängender Roman liegt hier gar nicht vor. Vielmehr das Tagebuch des Autors, in dem er regelmäßig festhält, was ihn bewegt und wie er über das alltägliche Weltgeschehen denkt. Das schließt regionale Verbrechen, Sportmeldungen wie Dopingfälle bei der Tour de France und politische Entscheidung aus aller Welt mit ein. Nebenbei erfahren die Leser, dass Matthias Altenburg ein passionierter Rennradler ist, seine Touren ihn in die Wetterau oder den Main-Kinzig-Kreis bis zur Burg Ronneburg führen. Begegnet ihm dabei etwa ein Schausteller der Ritterspiele in voller Gewandung, schreibt der Autor nieder, wie seltsam er diesen Anblick empfindet. Ebenfalls werden Landschaftsbeschreibungen, Temperaturen und das tägliche Wetter dokumentiert. Das verleiht „Jan Seghers’ Geisterbahn“ den Charakter einer Chronik.

Zum Chronik-Charakter von „Jan Seghers’ Geisterbahn“

Die beschriebenen Ereignisse machen Lust, selbst im Internet zu recherchieren und sich sein eigenes Bild zu machen. Matthias Altenburg dokumentiert aber nicht nur die Ereignisse, sondern auch gleichzeitig seine Meinung dazu. Als geschickter Beobachter kommentiert er pointiert und mit Humor die Zeitläufte, bringt seine Ansichten auf den Punkt oder provoziert, so dass sich die Leser zwangsläufig selbst mit dem Geschriebenen auseinandersetzen müssen.

Doch wir erfahren aus diesem Tagebuch noch mehr über Matthias Altenburg: Welche Bücher liest er, welcher Autor gefällt ihm persönlich, welcher langweilt ihn bis zum Einschlafen. Und wo holt er sich Inspiration für seine eigene Arbeit?

So dokumentiert Matthias Altenburg etwa auch seine Arbeit an seinen eigenen Kriminalromanen. Dabei erfahren Leser, wie er Tatorte findet, wie sich die Recherche zu „Die Akte Rosenherz“ gestaltete und was er von der Fernsehumsetzung seines Romans „Die Braut im Schnee“ hält.

Zur „Haltbarmachung“ von Gedanken, Erlebnisse und Erfahrungen

„Jan Seghers’ Geisterbahn“ ist Tagebuch, Chronik und Werkstattbericht zugleich. „Wer Tagebuch schreibt, hat das Bedürfnis, seine Gedanken, Erlebnisse, Erfahrungen, Gefühle durch Sprache haltbar zu machen“, erklärt der Verfasser am 3. November 2006 in seinem Tagebuch. Und das gelingt sprachlich so gut, dass die Leser Anteil am Leben des Autors nehmen wollen und Tag für Tag weiterlesen, was Matthias Altenburg gerade widerfährt oder durch den Kopf geht.

Die Toten, die laut Untertitel in diesem Tagebuch auftauchen, werden an ihrem jeweiligen Todestag oder Geburtstag erwähnt. Als Zeitorientierung am Rande sozusagen.

Für Fans des Autors ist „Jan Seghers’ Geisterbahn“ sicherlich eine Möglichkeit, ihrem Lieblingsautor näher zu kommen. Sie können sich mit diesem Buch ein Bild davon machen, wie Matthias Altenburg tickt. Ergänzt wird der Text durch private Fotos, Zeitungsausschnitte und Zeichnungen.

Das Buch lässt sich gut kapitelweise lesen, da sie nicht aufeinander aufbauen und in beliebiger Reihenfolge gelesen werden können – auch als Abwechslung zwischendurch.

Titelbild

Matthias Altenburg: Jan Seghers' Geisterbahn. Tagebuch mit Toten.
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2012.
413 Seiten, 24,95 EUR.
ISBN-13: 9783498000844

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