Made in USA

„A Hologram for the King“ ist ein Stück Maßarbeit von Dave Eggers

Von Malte Wehr

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Stärke von Dave Eggers liegt nicht in der Fiktion, das hat man seit seinem grandiosen autobiografischen Urknall „A Heartbreaking Work of Staggering Genius“ durch jede neue Publikation gelernt und findet es auf ein neues in seinem aktuellen Buch „A Hologram for the King“ bestätigt. Obwohl als Roman deklariert, steckt auch hier die persönliche Erfahrung im Detail: Der Handlungsort King Abdullah Economic City und der Hintergrund internationaler Geschäftsanbahnungen stammen aus einem Gespräch mit seinem Schwager Scott Neumann und der Niedergang der einst bekannten Fahrradmarke Schwinn ist amerikanischen Zeitgeschichte. Ähnlich der autobiography-by-proxy-Bücher „What is the What“ und „Zeitoun“ entfaltet Eggers auch hier ein Erzählen, das nicht an der Fragwürdigkeit der Charaktere krankt. Publizistisches Ingenieurswesen könnte man das Ausnahmetalent des McSweeney’s-Verlegers geradezu nennen.

Der Protagonist Alan Clay ist Synonym eines von der globalisierten Welt überholten Amerikas, das sich etwas zu spät auf das Label „made in USA“ besinnt. Alans alter Arbeitgeber, die Schwinn Bicycle Company bildet in eigeschobenen Rückblicken den roten Faden durch den Roman. So kulminiert der Charakter Alans im realen Scheitern einer Generation von Amerikanern, die nun am falschen Ende der globalisierten Produktionskette steht und die ‚eigenen‘ Fahrräder aus China importieren muss. Ausgelagert wirkt auch Alan, der nun in der Funktion eines IT-Beraters über den veritablen Trümmerhaufen seines Lebens reflektiert. Das ganze Buch über wandelt er durch die quasi nur auf dem Bauplan existierende Stadt KAEC in Saudi Arabien, um am Ende und 312 Seiten später als der Leser zu erfahren, dass die Amerikaner auch hier den Chinesen das Feld überlassen müssen. Zwischen den Polen der Gewinner und der Verlierer gibt es einiges an Bewegung. Die Europäer sind etwas früher als die Amerikaner in KAEC aufgeschlagen und dürften wohl etwas vom Kuchen abbekommen, die jungen Saudis haben sich gegen den väterlichen Schuhladen entschieden (dessen Schuhe auch schon in China produziert werden) und fahren nach abgeschlossener Universitäts-Ausbildung in den USA – gezwungenermaßen aber nicht am Existenzminimum – Taxi. Kulturaufklärung gibt es in der gewohnten Eggers-Dosis: Die Klischees der Amerikaner über die ‚arabische Welt‘ im Allgemeinen und Saudi Arabien im Speziellen werden nüchtern in Alans Begegnungen reflektiert und aufgelöst.

Zwar ist das Thema des verlorenen amerikanischen Dollars schon vor zwei Jahren prominent und weitaus polemischer mit Gary Shteyngarts „Super Sad True Love Story“ in der Literatur angekommen, – es dürfte allerdings gerade mit Eggers eingängigem Duktus und des starken verlegerischen Unterbaus von McSweeney’s Books in die Gesellschaft einsickern. Darin liegt auch die Qualität von „A Hologram for the King“. Es widmet den Verlierern der Globalisierung nicht lediglich einen Grabstein, sondern wendet sich in der eigenen publizistischen Entstehung gegen die Logik der gängigen Produktionsökonomie: Das Verlagshaus McSweeney’s Books druckt das neue Buch erstmals vor Ort „[a]t Thomson-Shore printers in Dexter, Michigan“, so eine Zeile in der Danksagung am Ende der schön gebundenen und mit knapp 25$ beziehungsweise 16-21 EUR auch wettbewerbsfähigen Ausgabe. Dave Eggers ist ein Verleger-Phänomen und „A Hologram for the King“ ein, gerade im Kontext seiner produktionsbedingten Entstehung, glaubwürdiges Buch.

Titelbild

Dave Eggers: A Hologram for the King.
McSweeney´s Books, San Franciso 2012.
312 Seiten, 15,95 EUR.
ISBN-13: 9781936365746

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