Marcel Reich-Ranickis Gruß an Fritz J. Raddatz zu seinem 80. Geburtstag im September 2011

Ich habe viele Jahre lang Artikel von Ihnen und auch über Sie, mein lieber Fritz J. Raddatz, aufmerksam gelesen. Ich habe viel von Ihnen, dem Jüngeren, gelernt. Ob Sie es glauben oder nicht: Ich blieb Ihnen auf meine Art dankbar, sehr dankbar.

Aber irgendwann hat mich eine Äußerung von Ihnen über mich vor zehn oder gar zwanzig Jahren verletzt. Ich zog es vor, von da an schweigsam zu bleiben, bis heute. So soll es sein: Ich werde schweigsam und dankbar sein. So soll es sein.

Wirklich? Nein, es soll noch etwas gesagt werden. Wann immer ich über Raddatz sprach und Raddatz über mich, da wussten wir: Gelangweilt haben wir uns nie. Und wie war es mit unseren Lesern? Haben sie sich, um Gottes Willen, je gelangweilt? Hierüber besser kein Wort.

Nur eines: Der Bessere von uns beiden war immer der Andere. Ich meine das ernst. Ich gratuliere Ihnen herzlichst!

Ihr Kollege und Freund

Marcel Reich-Ranicki

Anmerkung der Redaktion: Der Geburtstagsgruß erschien am 3.9.2011 im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Wir danken Herrn Andrew Ranicki für die freundliche Genehmigung zur Wiederveröffentlichung aus Anlass des Todes von Fritz J. Raddatz am 26. Februar 2015.