Gepflegte Verbalattacken
Wiglaf Droste läuft mit „Kalte Duschen, warmer Regen“ zur Hochform auf
Von Stefan Höppner
Seit Wiglaf Drostes erster Textsammlung Kommunikaze sind fast 30 Jahre vergangen. Obwohl man dort auch auch Gedichte und Reminiszenzen an seine ostwestfälische Jugend findet, wurde schnell klar, welches seiner Talente sich am effektvollsten einsetzen ließ – sein Hang zur gepflegten Verbalattacke. Droste ist der Meister des sprachlichen Erregungszustandes, die geschliffen vorgetragene Polemik seine Königsdisziplin. Indem er gewandt auf die Sprachschwächen seiner Angriffsobjekte eindrosch, machte er sich von Anfang an Feinde – auch im linksalternativen Milieu der taz-Leser, deren sprachliche Eigenheiten und manchmal seltsamen Sitten er deshalb so entlarvend beschreiben konnte, weil er sie als Redakteur dieser Zeitung aus der Nähe erlebte. Differenziert und abgewogen kommentiert wird jedenfalls anderswo.
Seine meist für die Tagespresse oder das Radio entstandenen Texte fasst Droste regelmäßig zu Sammlungen zusammen. Kalte Duschen, warmer Regen, gerade in der Edition Tiamat erschienen, ist der neueste Band der Reihe und zeigt den Autor in Hochform (was nicht bei allen Bänden garantiert ist). Nicht ganz zufällig, denn wir leben in einer Zeit, die für Drostes verbale Schienbeinattacken wie gemacht ist. Der Autor arbeitet sich an Jan Fleischhauers Spiegel Online-Kolumnen ebenso ab wie an Markus Söders verbaler Nähe zur AfD, die zudem „nicht Deutschland“ sei, „sondern nach eigener Definition nur eine Alternative dafür“. Aber die erwartbaren Verdächtigen – und ja, auch Trump und Erdogan – sind nicht die einzigen Gegenstände von Drostes Kurztexten. Auch die deutsche Sprache beziehungsweise was aus ihr gemacht wird, zählt dazu: das „Team“, der „Deal“, „kreative“ Namen von Brotgeschäften. Hier geht es allerdings nicht darum, das Deutsche von „bösen“ Anglizismen „rein“ zu halten, sondern Droste zielt auf die Gedankenlosigkeiten und Gemeinheiten, die sich hinter der jeweiligen Wortwahl verbergen. Im Gegenzug feiert er aber auch den Wortschatz seiner ostwestfälischen Heimat, in der er nach langen Jahren in Berlin und Leipzig wieder lebt, oder kann einen ganzen Kurztext am Wort „Schwengelrecht“ aufhängen. Empfehlenswert!
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