Could It Be Love?

Anja Rützel beleuchtet in der Take-That-Ausgabe der neu geschaffenen KiWi Musikbibliothek die britische Boyband auf gewohnt amüsante Weise

Von Romy TraeberRSS-Newsfeed neuer Artikel von Romy Traeber

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Im Herbst 2019 startet der KiWi-Verlag eine neue, durchaus ungewöhnliche Reihe: „Bekannte Autorinnen und Autoren, Künstlerinnen und Künstler, Musikerinnen und Musiker schreiben über ihre Lieblingsband oder ihre liebsten Sängerinnen und Sänger: radikal subjektive Liebeserklärungen auf knapp 100 Seiten.“ Anja Rützels Büchlein (kleinformatig und mit 145 zu lesenden Seiten auch recht kurz) über Take That gliedert sich in das Einführungskapitel Spirits Move Me, Everytime I’m Near You, jeweils ein Kapitel zu den Bandmitgliedern Gary Barlow, Mark Owen, Robbie Williams, Howard Donald und Jason Orange und das abschließende Kapitel Let It Shine, Just Let It Shine. Eingestreut in die Bandmitglieder-Kapitel sind jeweils die Top-5-Listen: Meine Top-5-Gary-Momente, Meine liebsten TT-Lieder (und was sie mit meinem Leben zu tun haben), Love ain’t here anymore – was alles an der Liebe nervt, according to Take That, Meine liebsten Take-That-Styles und Die vielversprechendsten Take-That-Shipping-Konstellationen (Listen gehören übrigens fest ins Rützel’sche Repertoire).

Die Verknüpfung von persönlicher und Bandgeschichte funktioniert im Fall von Anja Rützel hervorragend – und das liegt vielleicht weniger an der Band als an der Autorin. Denn sie hat ein Talent für Einstiegssätze, die so gut sind, dass man danach auf gar keinen Fall aufhören kann weiterzulesen. „Am Ende blieb uns nur die Unterhose“ ist nun dieser erste Satz, und davon ausgehend verwebt sie ihre persönliche Lebensgeschichte mit der der Band und bekennt unumwunden: „Ich liebe Take That. Nicht als Pose, nicht mit ironischem Schutzschürzchen oder aus pappig-leutseligem Wohlwollen ihrer scheinbaren Kunst gegenüber“. Take That (für die Jüngeren unter uns: In den 1990ern war das eine sehr bekannte Boyband, die reihenweise Teenie-Mädchen-Herzen brach, besonders nach ihrer Trennung 1996) muss man dabei weder kennen noch mögen, damit dieses Buch ein Lesegenuss wird – danach wird man sie aber mindestens drollig finden. Rützel vergleicht ihre Liebe zu Take That mit „einem neuseeländischen Langflossenaal. Sie ist langsam gewachsen und deshalb unverwüstlich.“ Weil sich ihre Boybandbegeisterungszeit und die Gründung der Band nicht ganz trafen, aber Boybands etwas waren, dass sie mit ihrer sieben Jahre jüngeren Schwester verband, war es eine „späte Liebe“, die dazu führte, dass Rützel die Band nie in der „Ur-Vollbesetzung, als TT5, wie man im korrekten Thatter-Lingo natürlich sagt“ gesehen hat (als „Thatter“ bezeichnen sich die Fans von Take That – den Begriff musste die Rezensentin aber tatsächlich erst einmal nachschlagen). Dafür aber in so ziemlich jedem anderen Line-Up, weil Take That sich nach der Trennung in mehreren Variationen wiederzusammenfanden, so dass Rützel dann doch noch die Gelegenheit bekam, „Howards nackten Hintern live“ zu sehen. Weiteres Schmankerl: Der absolut nachvollziehbare und daher umso logischer erscheinende „XXX als Pralinenschachtel“-Vergleich (und noch einmal für die Jüngeren unter uns, das stammt aus dem Film Forrest Gump aus dem Jahr 1994 und lautet vollständig „Life is like a box of chocolates – you never know what you’re gonna get“):

In der perfekten Packung befindet sich zwar unbedingt mindestens ein kriminell überzuckertes Schmeckstückchen, zum Ausgleich aber auch eine herbere Variante. Dann eine komisch geformte Bohne, mit lustigem Likör gefüllt, daneben eine Praline, die aus fadester Milchschokolade besteht, aber in glitzerndes Goldpapier eingewickelt ist – und schließlich immer auch, so will es das international gültige Pralinengesetz, eine Süßigkeit, die einem nicht besonders schmeckt, die man aber trotzdem auch noch verschlingt, wenn man gerade schon mal dabei ist.

Schöner hat wahrscheinlich noch niemand eine Boyband beschrieben und anders als bei einer typischen Band-Biografie erfährt man in diesem Buch mindestens genauso viel über Anja Rützel wie über Take That. Und Schamkapseln. Wer jetzt wissen will, was das ist und was es mit Take That zu tun hat, sollte sich schleunigst in einen Laden begeben und das besprochene Buch kaufen!

Titelbild

Anja Rützel: Take That.
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019.
151 Seiten, 10,00 EUR.
ISBN-13: 9783462053241

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