Gespräche über Architektur und Literatur

Der Briefwechsel zwischen Brigitte Reimann und Hermann Henselmann "Mit Respekt und Vergnügen"

Von Mechthilde VahsenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Mechthilde Vahsen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Brigitte Reimann begann mit der Arbeit an ihrem einzigen Roman "Franziska Linkerhand" 1963. In diesem Roman steht eine Frau im Zentrum, eine Architektin, die versucht, sozialistische Überzeugungen, persönliche Utopien und ihre Arbeit zu verbinden. In das gleiche Jahr datiert der Beginn des Briefwechsels mit dem damals 58-jährigen 'Stararchitekten' der DDR, Hermann Henselmann. Er hatte Reimanns Erzählung "Die Geschwister" gelesen und der jungen Autorin daraufhin einen begeisterten Brief geschrieben. Dem folgten weitere Briefe und Treffen in Berlin und eine Freundschaft, in die die ganze Familie Henselmann involviert war. Die Autorin und den Architekten verband die gemeinsame Leidenschaft für Literatur und Architektur, sie verstanden beides als Kunst und sahen in der Ausübung ihrer Berufe wichtige Beiträge für eine neu zu schaffende sozialistische Gesellschaft.

Ihre intensive mehrjährige Debatte liegt nun als Briefausgabe vor. Die Lektüre zeigt, dass viele Aspekte des Austauschs in den Roman eingeflossen sind, was nicht weiter verwundert, da Reimann auch andere persönliche Erlebnisse oder krisenhafte Erfahrungen in ihre Texte eingebaut hat. Neben diesem eher sachlich-inhaltlich orientierten Teil der Freundschaft dokumentieren die Briefe auch, dass Henselmann vom Talent Reimanns überzeugt war und sie immer wieder zum Schreiben ermutigt hat. Dies half der Autorin, die trotz ihrer Erfolge häufig Selbstzweifeln ausgesetzt war, sehr. Auch 1968, als Reimann an Brustkrebs erkrankt, ist der Freund mitsamt der Familie rührend besorgt und vermittelt ihr während des Krankenhausaufenthaltes ein angenehmes Zimmer. Trotz der Schicksalsschläge - eine Tochter der Familie Henselmann stirbt und Reimann wird erneut krank - bleibt der Ton der Briefe heiter und von einer positiven Stimmung getragen. Die Auseinandersetzung um die Lieblingsthemen der beiden geht weiter, doch auch Privates und Familiäres spielen eine große Rolle. In den letzten Jahren telefonieren sie viel, der Briefwechsel wird ab 1970 von Irene Henselmann weitergeführt.

Der vorliegende Band ist im Kontext der bereits publizierten autobiographischen Texte von Brigitte Reimann interessant und erhellt zudem einige Aspekte der Entstehung des unvollendet gebliebenen Romans. Die veröffentlichten Briefe sind in der Mehrzahl von Brigitte Reimann (24), neun Gegenbriefe von Hermann Henselmann und ein Brief von Reimanns zweitem Ehemann Siegfried Pitschmann. Sie sind ergänzt um Artikel und andere Beiträge, Verweise auf Tagebucheintragungen von Reimann, Fotos mit Arbeiten von Hermann Henselmann und einer Nachbemerkung seiner Frau, Irene Henselmann, über die langjährige Freundin der Familie.

Der Aufbau Verlag Berlin hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich um die 1973 verstorbene Schriftstellerin Brigitte Reimann und ihren Nachlass bemüht. Der Herausgabe der Tagebücher folgte der Briefwechsel mit Christa Wolf. 1998 wurden die Taschenbücher durch die Veröffentlichung der ungekürzten Ausgabe des Romans "Franziska Linkerhand" um ein wichtiges Werk ergänzt.

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Brigitte Reimann / Hermann Henselmann: Mit Respekt und Vergnügen. Briefwechsel.
Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2001.
120 Seiten, 7,60 EUR.
ISBN-10: 3746615399

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