Höhen und Tiefen

Stefan Heym über das Verhältnis zwischen Männern und Frauen

Von Stefan FüllemannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefan Füllemann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Es gibt Diskussionen, deren Ausgang man am Anfang nicht kennt, die es jedoch wert sind, geführt zu werden. Sie sind abwechslungs- und erfahrungsreich. Dies ist aber nur die halbe Wahrheit. Es gibt Themen, bei denen man zu Beginn, den Ausgang schon kennt oder zumindest zu kennen vermag. Ein solches ist das Verhältnis von Mann und Frau.

Sollte diese Diskussion folglich nicht mehr geführt werden? Das wäre falsch, zumal sie geführt wird, tagtäglich, in Einkaufszentren, in Straßenbahnen, in den heimischen vier Wänden, am Stammtisch oder im Urlaub. Angefangen mit den Krümeln beim Frühstück oder dem Schlürfen beim Kaffeetrinken, über die Stolperfallen von PINs und Sicherheitsschlössern, die Bedenken vor der Eröffnungsrede des Deutschen Bundestages 1994 als Alterspräsident bis hin zur Thematik des Klonens: Von all dem erzählt Stefan Heym mit seiner ihn kennzeichnenden eigensinnigen und frechen, zugleich aber klaren und humorvollen Art.

Im ersten Moment wirken seine Geschichten mit ihrem infantil erscheinenden Erzählungsstil ,nur' unterhaltsam und pauschaliesierend, im zweiten Augenblick wird aber klar, dass sie viel mehr sind als das, nämlich kompromisslos und klar, aber auch nachdenklich. Ist technischer Fortschritt immer Fortschritt und sind Rebellen immer furchtlos? Mit Sicherheit nicht. Auch ein Rebell, der sich gegen Unterdrückung, Zensur und Selbstherrlichkeit eines Führungsapparates auflehnt und dadurch zur Symbolfigur für viele wird, auch ein solcher Rebell kann Angst empfinden. Angst um sich, aber auch Angst um Menschen die ihm nahe stehen.

In all den dreizehn, von Horst Hussel illustrierten und von Heym kurz vor seinem Tod im Dezember 2001 zusammengestellten Erzählungen geht es in erster Linie um die zärtliche Zuneigung zu "seinem Weibe". "Dabei lieb ich sie doch, das ist das Komische: sie hat so etwas an sich, nur einen Blick manchmal oder eine Bewegung mit zwei Fingern über eine Stelle auf meinem Gesicht, ganz zart, und das Herz schmilzt mir über meinem Sonnengeflecht, und ich denk, sie ist doch die einzige welche eine Bedeutung hat für mich, und warum sag ich nur immer was ihr gegen den Strich geht, wenn ich nur wüsste wo der Strich verläuft bei ihr."

Die Geschichten sind ehrlich und in gewisser Weise tröstlich, auf alle Fälle aber ein Hohelied auf die Liebe. Der Autor gibt ein Teil seines Innenlebens preis und öffnet insofern auch einen ungewohnten Blick auf einen der bedeutendsten deutschen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.

Titelbild

Stefan Heym: Immer sind die Männer schuld. Erzählungen.
C. Bertelsmann Verlag, München 2002.
221 Seiten, 18,90 EUR.
ISBN-10: 3570006514

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