Sex, Drugs and Rock´n Roll einer neuen Generation

Michael Lösch taucht in "Auflegen. DJ-Story" in die Clubszene ein

Von Inken HeldtRSS-Newsfeed neuer Artikel von Inken Heldt

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Lara stolpert von Kellner zu Kellner, von Stammgast zu Stammgast, gibt jedem einen Kuss, begrüßt Typen, die aussehen, als würden sie sich für normalen Sex schämen, als würden sie ohne Koks nicht mal scheißen können."

Der Protagonist und Ich-Erzähler Florin, der als DJ in den angesagtesten Münchener Clubs auflegt, irrt so ziellos durch sein Leben wie die Trickdiebin Lara durch die Stuhlreihen fragwürdiger Szene-Treffs. Genau hier, in den nächtlichen Umschlagplätzen für Drogen, Sex und einem Lebensgefühl zwischen Gleichgültigkeit und Ekstase treffen beide aufeinander. Playlist und Mischpult als ehemals einziger Lebensinhalt des Studenten weichen dem Bemühen, den widersprüchlichen Charakter des abweisenden Mädchens zu ergründen.

"DJ-Story" ist kein Liebesroman. Michael Lösch gibt einen ernüchternden Einblick in die Welt des Unkonventionellen, des Anti-Spießertums der nächtlichen Großstadt. Er muss es wissen: seine hauptberufliche Tätigkeit als DJ verrät sich immer wieder in für Laien langatmigen Detailbeschreibungen von Musikrichtungen und Songpräferenzen. Um so authentischer wirken die kritisch gestreiften Lebensentwürfe einer Clubgeneration, die Cool-Sein zum Prinzip erhebt und One-night-stands zum Alltag gehören lässt. Lösch spielt mit den Klischees, die die "kaputte Welt" der Clubszene umgeben. Er lässt seinen Helden alle Arten von Drogen konsumieren, durch Rotlichtviertel streifen und in der Schwulenszene verkehren, schliesslich auch HIV thematisieren, das alles, ohne den Leser einen moralischen Zeigefinger spüren zu lassen. Die Hauptfigur Florin zeigt sich, wenn auch nicht glücklich, so doch jedenfalls gesättigt von dem, was sein Leben ihm bietet: "Es ist, wie es ist. Nirgendwo so schön wie in dieser Stadt. Que será, será, whatever will be, will be...".

Lösch erzählt mit Tempo, macht über weite Strecken von Dialogen Gebrauch. Diese sind nicht ohne Witz geschrieben und voll von kritischen Anspielungen auf den Zeitgeist. Die Sprache ist voll von Anglizismen, von Slang, Insidervokabular und Werbesprüchen. Hierin liegt das Potential des Romans: Er könnte über Wiedererkennungsmomente als Insiderroman der DJ-Szene fungieren.

Für alle anderen dürfte er nicht mehr sein als leichte Unterhaltungskost: ein überwiegend kurzweiliger Ausflug in die Welt der Clubs und Lounges der Nacht, die jedoch bis zum Schluss seltsam unsympathisch und oberflächlich bleibt.

Titelbild

Michael Lösch: Auflegen. DJ-Story.
Piper Verlag, München 2003.
260 Seiten, 13,00 EUR.
ISBN-10: 3492270395

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