Sie waren ganz prima

Elke Heidenreich liest Dorothy Parkers New Yorker Geschichten

Von Petra PortoRSS-Newsfeed neuer Artikel von Petra Porto

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Elke Heidenreich ruft seit einiger Zeit im Fernsehen zum Lesen! auf. Wer nun nicht selbst lesen will, kann sich auch von ihr vorlesen lassen. Zum Beispiel ihre Auswahl von Short Stories aus dem Band "New Yorker Geschichten" von Dorothy Parker. Diese Erzählungen sind böse und bissig, ironisch und witzig, intelligent und sprachgewandt geschildert, eine Art Best Of der amerikanischen Schriftstellerin. "Sehr pointierte Kurzgeschichten zum Thema Liebe, Männer, Verlust der Leidenschaft, über das, was Männer und Frauen sich so antun, wenn sie aufeinander prallen und doch so ganz und gar nicht zusammen passen", wie Elke Heidenreich im Booklet schreibt. Dorothy Parkers Stories sind nie witzig, ohne dass die Tragik hinter dem beißenden Humor sichtbar würde und nie vollkommen traurig, da der Schmerz und die Tränen immer auf äußerst schlagfertige Weise geschildert werden. Ihre Sprache hat sie so lange geschliffen, bis jeder Satz schneidend scharf formuliert war. Kein Wort zuviel und schon gar kein falsches darunter.

Und so entstanden kleine Erzählperlen, wenn der Ausdruck erlaubt ist, wie zum Beispiel die Geschichte eines New Yorker Dandies, der nach einer durchzechten Nacht bei einer Freundin zum morgendlichen Kopfschmerztablettenfrühstück erscheint, um sich von ihr erzählen zu lassen, was er denn eigentlich so angestellt hat in der vergangenen Nacht, an die er sich dank mehrerer Drinks über den Durst nicht mehr erinnern kann. Die Freundin schildert ihm den Abend auf gewohnt charmante Weise, versichert auch immer wieder, er sei eigentlich gar nicht negativ aufgefallen, sogar sehr witzig und einnehmend gewesen - "du warst ganz prima" - während sich gleichzeitig immer mehr herausstellt, dass der arme Mann sich sehr daneben benommen hat.

Elke Heidenreich schafft es, den unterschiedlichen Erzählern der neun Kurzgeschichten, die die CDs enthält, durch ihre Stimme unterschiedliche Persönlichkeiten zu geben. Hoch anzurechnen ist ihr dabei, dass der ironische und hintergründige Humor in ihrer Lesung auch hintergründig bleibt. Schnell wäre es geschehen - eine unbedachte Hebung der Stimme, die verrät, dass die Vorleserin die Erzählperson nicht ganz ernst nimmt oder die Gemeinheit hinter dem Wortwitz herauszustellen versucht - und die Geschichte wäre verdorben. So jedoch kann die junge New Yorker Dame ihrem bedauernswerten Gegenüber immer wieder versichern, er sei ganz prima gewesen, ohne dass die Vorleserin dem Zuhörer durch hörbares "Augenzwinkern" zu verstehen gibt, dass sich hier die Komik versteckt. Elke Heidenreich bemüht sich, nicht zu dick aufzutragen, den Geschichten nicht die Leichtigkeit und den Esprit zu nehmen, mit denen sie geschrieben zu sein scheinen. Scheinen deshalb, weil selbstverständlich klar ist, dass sowohl hinter dem Schreiben wie auch dem Vorlesen eine Menge Arbeit steckt. Und so kann die Rezensentin am Ende - und ausnahmsweise ganz ohne Ironie - sagen: Sie waren (beide) ganz prima.

Titelbild

Dorothy Parker: Elke Heidenreich liest Dorothy Parker. 2 CD.
Kein & Aber Verlag, Zürich 2003.
149 min, 19,90 EUR.
ISBN-10: 3036911294

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