Einsilbiger Tanz

"wake up. re:lax" bringt die Lyrik von Robert Lax auf den Dancefloor

Von Alexander MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Alexander Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der amerikanische Dichter Robert Lax (1915-2000) war wahrlich nicht geschwätzig in seiner Kunst. Er war Drehbuchautor in Hollywood, Filmkritiker in New York und Clown in einem italienischen Wanderzirkus, doch in Erinnerung blieben seine stoischen Gedichte, die, so amerikanisch sie oberflächlich sind, größtenteils auf der griechischen Insel Patmos entstanden, auf die sich Lax Anfang der 60er Jahre zurückgezogen hatte. Seien es die einsilbigen Kolumnengedichte des "peacemaker's handbook" oder die oft nur zwei Verse umfassenden Texte in "moments", Lax war Minimalist, drückte sich in kürzester, aphoristischer Form aus und erreichte dennoch eine kraftvolle und tiefgründige Ausdrucksform, ohne kunstgewerbliches Rhetorikgeprotze. Auf einer sorgfältig edierten Doppel-CD ist er nun in gleich zweifacher Hinsicht zu entdecken. Der Bayerische Rundfunk hat seit den 90er Jahren auf Anregung des Schriftstellers und Komponisten Hartmut Geerken und Sigrid Hauffs eine ganze Reihe von Lesungen, Hörspielen, Gesprächen und Portraits von und über Lax realisiert und mit "wake up. re:lax" eine weitere spannungsreiche Facette hinzugefügt.

Sieben Interpreten und Bands machen Lax' Lyrik, die sich in ihren gleichmütigen Wiederholungen schon immer selbst sampelte, tanzbar und eingängig. Eine CD mit den Original-Lesungen von Lax sowie ein Multimedia-Bonustrack liefern dem Hörer zusätzlich das Ausgangsmaterial dazu in Reinform. Die Komprimiertheit der Lax'schen Texte lenkt die Aufmerksamkeit des Lesers ohnehin auf deren Machart, auf die Sprache oder auf die leeren Zwischenräume der Zeilen. Darin kann man bereits die rhythmischen Qualitäten dieser Poesie entdecken; einfallsreich umgesetzt, die Leere füllend, findet man sie dann auf der zweiten CD, die mit 16 Stücken aufwartet: kühle Elektronik des Berliner Duos "Tarwater" - Bernd Jestram und Ronald Lippok, der sich mit dem Projekt "To Rococo Rot" bereits einen Namen gemacht hat -, eine rezitierende Mädchenstimme von "Loopspool", Leichtfüßiges von "Iso68". Eine vermeintlich trockene Spoken-Word-Performance verwandelt sich so in einen Soundtrack, einen, wenn man das vieldeutige Wortspiel des Titels ernst nimmt, entspannten Weckruf zwischen Remix und Neuinterpretation.

Lax, der in seiner Suche nach alternativen Lebens- und Kunstformen sicher einen starken Einfluss auf die Dichter der Beat Generation ausübte, wird damit dieselbe popkulturelle Ehrung zuteil wie den unter Musikern so angesagten Beat-Ikonen um William S. Burroughs und Allen Ginsberg, die noch zu Lebzeiten etwa von Industrial-Bands wie "Ministry" und "The Revolting Cocks" oder auch von Kurt Cobain zu Kooperationen herangezogen wurden. Die zeitgenössische Version dieser Anverwandlung scheint allerdings die elektronische Musik- bzw. Hörspielszene zu sein, die sich einer literarischen Vorlage scheinbar mühelos annehmen kann. Von dieser Mühelosigkeit und Frische ist auf "wake up. re:lax" einiges zu hören.

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Robert Lax: wake up. re:lax. 2CD.
Intermedium Records, München 2003.
144 min, 16,99 EUR.
ISBN-10: 3934847757

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