Popsongs können nahezu alles

Nick Hornbys Essayband "31 Songs"

Von Petra PortoRSS-Newsfeed neuer Artikel von Petra Porto

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Your Love Is the Place That I Come From"

Nick Hornby liebt Musik. Und offensichtlich schreibt er gerne über sie. So entstand wohl auch sein Essayband "31 Songs", in dem er sich bemüht, diese Liebe zu erklären, eben anhand der 31 Songs aus dem Titel des Buches, die er jeweils zum Anlass nimmt, sich über bestimmte Phänomene und Themen der Popmusik Gedanken zu machen.

"Music"

Gleich zu Beginn des Bandes gibt Hornby zu, dass der Leser kein Kompendium moderner Musik zu erwarten hat oder eine abgesicherte, kohärente Theorie über Popmusik. "Ich höre nicht sehr oft klassische Musik oder Jazz, und wenn mich Leute fragen, welche Musik ich höre, fällt mir die Antwort schwer, denn sie wollen in der Regel die Namen irgendwelcher Leute hören, und ich kann ihnen nur Songtitel nennen. Und meistens kann ich über diese Stücke nur sagen, dass ich sie gern höre und mitsingen möchte und andere Menschen zwinge, sie sich anzuhören, und übellaunig werde, wenn sie sie nicht genauso toll finden wie ich."

"I Will Follow"

Und genau dies versucht Hornby: Menschen dazu zu bringen, die Popsongs, die er für sein kleines Mixtape ohne Musik ausgewählt hat, "genauso toll" zu finden wie er. (Vielleicht um dieses Phänomen zu beschleunigen, gibt es jetzt eine CD zum Buch, die allerdings (leider) nur achtzehn der einunddreißig Songs enthält.)

"Glory Days"

Ein Großteil der Musik, die Hornby mag, ist allerdings schon etwas älter, ebenso wie der Autor, der sich mal als 44-, mal 45-Jährigen bezeichnet, der langsam sein Haar verliert und (offenbar) mit seinem Alter kokettiert, weil ihm dieses anscheinend erlaubt, mit einer gewissen Wehmut auf alte Zeiten zurückzublicken und so vor allem Songs von Led Zeppelin, Van Morrison und Rod Stewart zu empfehlen.

"Hedonism (Just Because You Feel Good)"

Präferenzen, die dazu geführt haben, dass Hornby Kultursnobismus vorgeworfen wurde, und dass er sich nicht genug mit der Musik beschäftigt habe, die sich nicht in Dreiminuten-Popsongs erschöpft. Vor allem, weil der Autor "geballte Ladungen byrdsmäßigen Pop" von Teenage Fanclub begrüßt und zugibt, manchmal nichts weiter zu wollen als Songs "voller Sonnenschein, Hooks, Harmonien und gutem Willen", Songs, die man im Auto oder unter der Dusche mitsingen oder -pfeifen kann.

"It's a Free World Baby"

Doch gegen eben diesen Kultursnobismus wendet sich Hornby selbst, wenn er die Jugendlichen verteidigt, die sich HipHop gerade wegen des "antisozialen Gehabes" anhören, um eine Musikrichtung ganz für sich zu haben: "Die derzeitige Tyrannei der Popmusik besteht darin, dass es Jugendlichen heute ganz unmöglich ist, zu glauben, dass die großen Stars sich unmittelbar und vertraulich an sie wenden", da die Musik der Popgrößen bei Starbucks und im Body Shop gespielt, so von jedem gehört und von niemandem abgelehnt wird. "Die einzige Antwort auf diese Allgegenwart ist, Musik zu mögen, die man im Prinzip nicht mögen kann", um sich von den anderen, den Eltern und Alten abzugrenzen. Ein Ausweg, den Hornby allerdings wenig später leicht ironisch mit "Sollen sie Kram hören, der ihre Ohren bluten und ihre Seele schwarz werden lässt, viel Vergnügen." kommentiert.

"Hallelujah"

Und das ist das Attraktive an Hornbys Buch: Dass er sich nicht auf eine Erklärung seiner Begeisterung für Popmusik festlegt, sondern bei jedem Song in seinen Erinnerungen kramt und die Erklärung, warum er nun gerade dieses Lied ausgewählt hat, in einer Art erweiterter Plattenkritik mit eigenen Erlebnissen ausschmückt, mit Überlegungen zum Stand der Popmusik überhaupt, mit dem Nachdenken über Gott und die Welt: Sex, dem Verschwinden der kleinen Plattenläden, dem Verhältnis zwischen Künstler und Kunst (unverkrampft und natürlich bei Patti Smith, unsicher bei Bruce Springsteen).

"Let Me Entertain You"

All das verpackt Hornby in leichtem Stil, als erkläre er dem Leser als Freund, was er ihm nun zu hören empfehle und warum. Es ist ein nettes Geplauder über Popmusik, von einem Liebhaber zum nächsten. Nicht der große Wurf, sondern ein leicht dahingeschriebenes Parlando, nicht mehr und nicht weniger.

"The Great Song Of Indifference"

Fragt sich noch, ob man das Buch unbedingt gelesen haben muss oder ob man sich nicht lieber ein Mixtape vom Nachbarn zusammenstellen lassen soll, der sicher auch einiges über die Songs zu erzählen hätte, die er vor Jahren gerne gehört hat oder die er heute gerne mag, der sicher ebenfalls von Konzerten sprechen kann, die ihn beeindruckt und dazu gebracht haben, ein bestimmtes Lied nochmals anzuhören, das dort so wunderbar wirkte, und der seinen Plattenladen um die Ecke ebenfalls vermisst.

"It Wouldn't Have Made Any Difference"

Schade ist eben, dass das gar keinen Unterschied machen würde - oder zumindest keinen großen, gerade weil Hornbys Geplauder so nett und unaufdringlich ist. Manchmal wünschte man sich eben etwas Handfesteres, weniger Schwammiges. Vielleicht beim nächsten Mal.

Titelbild

Nick Hornby: 31 Songs.
Übersetzt aus dem Englischen von Clara Drechsler, Harald Hellmann.
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003.
160 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-10: 3462032208

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