Neue Publikationen zu Uwe Johnson

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der 6. Band des Johnson-Jahrbuchs ist so lesenswert wie die vorhergehenden, also sehr. Er enthält unter anderem die Erzählung eine DDR-Episode Johnsons von Jürgen Grambow - in der, so klein sie sein mag, man wunderbar viel erfährt über deutsch-deutsche Literaturgeschichte -, Holger Helbigs interessanten Beitrag über Johnsons Schiller-Lektüre, die Beschäftigung Thomas Schmidts mit dem Kalendarium in den Jahrestagen, den zweiten Teil der von Uwe Neumann zusammengestellten Äußerungen Johnsons über "mich selbst", einen schönen Text von Nathali Jückstock über den weder von ihr noch von Johnson unterschätzten Wilhelm Raabe und verschiedenes anderes.

Über die "weibliche Stimme" im Werk Johnsons schreibt Annekatrin Klaus. Auch wenn man zunächst den Eindruck haben kann, diese Sicht aus feministischer Perspektive könnte Johnson allzusehr einschränken auf einen (in der Literatur) wohl zu einfachen Dualismus von "weiblicher Utopie" (die von Männern besetzt ist) und "produktions- und rezeptionsästhetisch legitimer [...] Fortschreibung der weiblichen Stimme". Bei einem Schriftsteller, der sich sein Hauptwerk, wie es heißt, von einer Frau erzählen ließ, muß man Klaus' Ansatz sich genauer betrachten, um ihm gerecht zu werden.

Nicolai Riedel hat schließlich seine "Uwe Johnson-Bibliographie auf den neuesten Stand gebracht (1959-1998). Was soll man dazu sagen? Außer, daß 600 Seiten Bibliographie über einen Autor der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts doch erstaunen. So nützlich der "Riedel" für die Forschung ist, so instruktiv ist der Kommentar zu den "Jahrestagen" für den Leser: Er dürfte neben dem Briefwechsel die wohl aufsehenerregendste Publikation sein. Unter der Herausgabe wiederum von den unermüdlichen Helbig und Fries, zusammen mit Klaus Kokol, Irmgard Müller und Dietrich Spaeth - weitgehend am Rande des akademischen Betriebs - ist ein Buch entstanden, das eine eigene Besprechung verdient hat. Es ist, so steht es im Vorwort, "informativ für fortgeschrittene "Jahrestage"-Leser und hilfreich für den Erstleser". Dem kann man sich anschließen. Im Johnsonschen Duktus, der wie es scheint auf fast die gesamte Literatur über ihn wie auf Briefwechsel mit ihm ansteckend wirkt, heißt es - und das wird zitiert, um noch ein bißchen Werbung für dieses Projekt zu machen: "Zumindest indirekt ist es auch an die Noch-nicht-Leser gerichtet, die vielleicht neugierig werden auf die Ursache des Aufwands." Wünschen wir dem Buch die dafür nötige Aufmerksamkeit.

Oliver Vogel

Titelbild

Ulrich Fries / Holger Helbig (Hg.): Johnson-Jahrbuch. Band 6 / 1999.
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999.
300 Seiten, 39,90 EUR.
ISBN-10: 3525209053

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch

Titelbild

Holger Helbig / Klaus Kokol / Irmgard Müller (Hg.): Johnsons "Jahrestage". Der Kommentar.
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999.
1100 Seiten, 71,10 EUR.
ISBN-10: 3525207891

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch

Titelbild

Nicolai Riedel: Uwe Johnson-Bibliographie 1959-1998. Hrsg. v. Michael Knoche u. Reinhard Tgahrt.
J. B. Metzler Verlag, Stuttgart 1999.
616 Seiten, 99,99 EUR.
ISBN-10: 3476016803

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch