Rolf-Bernhard Essigs und Gudrun Schurys "Karl May ABC"

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Karl May ist mit zirka 100 Millionen Lesern der meistgelesene deutsche Autor und dazu, wie auch immer man seine Qualität bewerten mag, der einzige Popstar der deutschen Literatur. In den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts war er so populär, dass - wie bei Michael Jackson - die Fans sein Hotel umlagerten, daß der Verkehr zum Erliegen kam und die Feuerwehr sie mit Wassergüssen von der Straße vertreiben musste.

Wie die anderen Dichter-ABCs aus dem Verlag Reclam Leipzig enthält auch der Karl-May-Band alphabetisch geordnete Stichworte, die in ganz lockerer, unterhaltsamer Form Bekanntes und Unbekanntes zu Leben, Werk und Wirkung Karl Mays bieten, bis hin zu neuen Forschungserkenntnissen. Die Subjektivität unterscheidet es von allem, was sich Wörterbuch oder Lexikon nennt.

Das "Karl-May-ABC" bahnt einen Weg durchs lockend Unbekannte. Auf der Expedition durch gefährliche Editionsdschungel, durch unwegsames Prozeßgestrüpp und lichtlose Legendenurwälder begegnen dem Leser nicht nur die Herren 'Derrick', 'Clinton' und 'Rosegger', sondern auch allerlei Gesindel und 'Spirituswürger'.

Unter den Stichworten finden sich 'Cinema Paradiso', 'Prügelfaul' und 'Rückert', Originalton May wie in 'Blutvergießen', 'Ich vs. Ich' und 'Okzident'. Unter dem Stichwort 'Bamberg' schließlich wird ausführlich die sehr kreative "Bearbeitungspraxis" von Mays Werk durch den Karl-May-Verlag, nämlich das unverzagte Umstellen, Ändern, Ergänzen, Verkürzen, Unterschieben (den Band 50), Eindeutschen von Texten dargestellt, so daß zwar May draufsteht, aber nur in veränderlichen Gewichtsanteilen enthalten ist.

Titelbild

Rolf-Bernhard Essig / Gudrun Schury: Karl May-ABC.
Reclam Verlag Leipzig, Leipzig 1999.
220 Seiten, 9,20 EUR.
ISBN-10: 3379016713

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