Das "Hotel Angst" soll wieder auferstehen
John von Düffel scheitert mit einer kleinen Erzählung über einen Vater
Von Georg Patzer
Die Suche nach dem Vater war einmal in der Literatur groß in Mode, einige Meisterwerke sind dabei entstanden, wie Christoph Meckels "Suchbild". Jetzt scheint es wieder einen kleinen Boom zu geben: Lars Brandts "Andenken", Thomas Langs "Am Seil", Bernhard Schlinks "Heimkehr". Auch John von Düffel schreibt häufig über die Familie: über Eltern, die man nicht versteht, über Geschwister, über plötzliche Veränderungen in einem scheinbar festen Gefüge. In seiner neuen Erzählung geht es um einen Vater, der jetzt gerade gestorben ist, und der Erzähler macht sich auf ins kleine Bordighera an der italienischen Riviera. Dort steht das einst prachtvolle "Hotel Angst", benannt nach seinem Besitzer Adolf Angst, ein riesiges Luxushotel der Jahrhundertwende. Der Erzähler erinnert sich an die Ferien in diesem Ort und die großen Träume seines Vaters, der sich für den prunkvollen Wiederaufbau des Hotels begeisterte und mit seinem Freund Klaus Fechner darüber debattierte, rechnete, überlegte und an seiner Kompromisslosigkeit scheiterte: Es sollte wieder ein Luxushotel werden, egal, ob sich das lohnte.
Fechner, den er jetzt dort trifft, gibt ihm einen Umschlag mit Romanskizzen des Vaters. Sie sind so genau und exakt gearbeitet wie ein Architekturplan, mit vielen ausgearbeiteten Details und einer Analyse des Romans, der Bordighera berühmt gemacht hatte, einer Schnulze von Giovanni Ruffini. "Er wollte, dass etwas bleibt", sagt Fechner, "doch auf der anderen Seite war er ein Perfektionist. Und das Vollkommenste ist immer das Nichts, die reine, unbefleckte Vorstellung." Dem Sohn wird langsam klar, dass sein Vater gar nicht der Versager war, für den er ihn gehalten hat. Denn schließlich wollte er das Hotel und seinen eigenen Plan in einem Roman aufbewahren, wenn er das Hotel schon nicht selbst retten konnte. Und das ist eigentlich ein hübsches Motiv.
Leider ist Düffel die Erzählung nicht gelungen. Mit nur wenigen Beschreibungen und vielen ermüdenden Reflexionen verheddert er sich in Ketten von Fragen und Zweifeln, in Vermutungen über den Vater und was er wohl gedacht und gefühlt haben mag: "Schwer zu sagen, ob und inwiefern dein Vater selbst noch daran geglaubt hat, seine Pläne zu verwirklichen." Die Konstruktion, sich und den Leser mit "du" anzusprechen, ist ebenso linkisch wie es mühsam ist, viele verquält umständlichen Sätze zu lesen: "Er sei eine große Hilfe, lobtest du ihn, bevor er auflegte. Von dem Umschlag und seinem Inhalt sagtest du nichts." Von dem Inhalt, wie Düffel hier so steif schreibt, weiß auch der Erzähler noch nichts. Wie könnte er dann etwas davon sagen? Und sehr häufig gerät der Roman in den Bereich des Kitsch: "Der Mond steht tief über dem Kap von San Ampelio, die Stadt wirkt wie ausgestorben, so als sei er ihr zu nahe gekommen." Da ist der Heftchenroman nicht weit.
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