Peter von Matts Antworten zur Frage „Was ist ein Gedicht?“
Besprochene Bücher / Literaturhinweise„Was ist ein Gedicht?“ Die Frage stellt eine der drei Buch-Veröffentlichungen Peter von Matts, die er Literaturliebhabern zu seinem 80. Geburtstag geschenkt hat. Eine der vielschichtigen Antworten lautet: „Das Gedicht will die Vollkommenheit.“ Es will, der Liebe ähnlich, unzerstörbare Dauerhaftigkeit, den Sieg über den Tod. Es entspricht damit einem anthropologischen Bedürfnis, dem auch die vielen „Manifestationen des Ekels, des Horrors, der unbegrenzten Abscheulichkeit“ in den nicht mehr schönen Künsten der Moderne nicht widersprechen. Diese lassen sich als Klage verstehen, dass der Wunsch nach Vollkommenheit nicht einzulösen ist. Dass sogar die besten Lyriker viele miserable Gedichte geschrieben haben, die fern aller Vollkommenheit stehen, lässt von Matt dabei nicht außer Acht. Und dass es eine „geheime Identität von Wahnsinn, Dichtung und Liebe“ gibt, entwertet die Dichtung nicht, sondern wertet den Wahn auf, insofern er die beschränkten Grenzen der Vernunft zu überschreiten vermag. An zahlreichen, eingehend analysierten Gedicht-Beispielen der Weltliteratur veranschaulicht Peter von Matt solche und andere Thesen zum Gedicht. Das letzte Wort in dem Buch, in dem Kapitel „Liebe“, hat der Lyriker Christian Günther, der früh im Unglück endete, mit dem 1719 geschriebenen Frühlingsgedicht An Selinden. Peter von Matt liest es als Zeugnis „seiner Glücksfähigkeit“. Es endet mit der Strophe:
Beschau die Werke der Natur,
Betrachte Bäume, Feld und Tiere
Und lerne, wie der Liebe Spur
Dich überall zum Scherzen führe!
Wodurch sind ich und du denn da?
Zu was bist du nebst mir geboren?
Der, so die Welt im Wesen sah,
Hat uns zum Lieben auserkoren.
TA
Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert nicht die Bücher von Mitarbeitern der Zeitschrift, Angehörigen der eigenen Universität oder Autoren im eigenen Verlag LiteraturWissenschaft.de. Diese Bücher können hier jedoch gesondert vorgestellt werden.
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