Zum Tod von Judith Kerr: aus dem Archiv von literaturkritik.de über eine Flucht durch Europa

Als in Europa vor 80 Jahren der Zweite Weltkrieg begann, mit dem Überfall des nationalsozialistischen Deutschlands auf Polen am 1. September 1939, war Judith Kerr 16 Jahre alt und lebte mit ihrer jüdischen Familie in London. Ihr Vater Alfred Kerr, der bekannteste Literaturkritiker der Weimarer Republik, war 1933 nach der nationalsozialistischen Machtergreifung zunächst nach Prag geflohen, dann zusammen mit der Familie in die Schweiz, später nach Frankreich und 1935 nach England. Dort wurde Judith Kerr mit ihrem 1968 erschienenen Kinderbuch The Tiger Who Came To Tea berühmt, in Deutschland einige Jahre danach mit dem ersten, von Annemarie Böll 1973 übersetzten Band ihrer autobiografischen Trilogie Als Hitler das rosa Kaninchen stahl, Warten bis der Frieden kommt und Eine Art Familientreffen.

Am 22. Mai 2019 ist Judith Kerr im Alter von 95 Jahren in London gestorben. Zu ihrer Trilogie mit der Geschichte der eigenen Familie auf der Flucht aus Deutschland durch Europa und der Suche nach einer neuen Heimat, ist 2015 in literaturkritik.de der Beitrag einer spanischen Germanistin erschienen:

Aus Deutschland geflohen.
Wandel der Heimatgefühle in Judith Kerrs Exil-Trilogie
Von Iraide Talavera
Ausgabe 11-2015

Kerrs andere Geschichte vom unersättlich hungrigen Tiger, der von der Familie liebevoll aufgenommen wird, lässt sich in solchen Zusammenhängen wie eine Wunschphantasie über den humanen Umgang mit einem Flüchtling in Europa lesen.

T.A.