Was mittelalterliche Bilder erzählen

Kristina Domanski und Margit Krenn untersuchen die Narrativität von Miniaturen & Co.

Von Claudia SchumacherRSS-Newsfeed neuer Artikel von Claudia Schumacher

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das Buch ist mit zweispaltig gestaltetem Text und vielfacher bunter Bebilderung ein sehr schöner und auf den ersten Blick allen Erwartungen, die der Einband hervorruft, entsprechender Bildband. Auch auf den zweiten, tiefergehenden Blick enttäuscht das Buch nicht: Auf seinen 144 großformatigen Seiten (27cm X 21,5cm) werden unterschiedliche mittelalterliche Kunstrichtungen wie Buchmalerei oder Wandmalerei exemplarisch vorgestellt, kunsthistorisch eingeordnet und zeitgeschichtlich interpretiert. Genauer: Es werden Bildzyklen zu beliebten Protagonisten aus der mittelalterlichen Literatur beispielhaft herausgepickt und dem heutigen Leser anschaulich gemacht. So schlägt dieses Buch eine Brücke zwischen Literatur- und Kunstgeschichte.

Jeder besprochene Bilderzyklus bezieht sich auf ein literarisches Werk. Dabei geht es ebenso um die Nibelungen wie um Eneas, Roland, Iwein und Tristan mit seiner Isolde. Der Band stellt die Besonderheit sogenannter visueller Narration eindrücklich dar, also der Erzählmöglichkeiten und Erzähltechniken von Bildern, ebenso wie die oftmalig abweichende zeitliche Abfolge von Text und figürlicher Darstellung sowie weitere Informationen rund um Text und Bild.

Das Buch ist so angelegt, dass als Erstes jeweils der Bezugstext literaturgeschichtlich eingeordnet, besprochen und dessen Inhalt wiedergegeben wird. Darin fließen bereits Anmerkungen zu verschiedenen figürlichen Darstellungen des Textes ein, die aber noch nicht interpretierender Natur sein müssen. Oft finden sich bildinterpretatorische Angaben in extra dafür vorgesehenen Kapiteln, die leicht dadurch zu erkennen sind, dass sie mehr Bilder beinhalten, als die textbeschreibenden Kapitel.

Der Stil des Buches ist weitgehend verständlich, liegt aber dem Akademischen sehr nahe. Anzumerken sei in diesem Zusammenhang, dass ein nicht akademisch mittelalterlich vorgebildeter Leser an einigen Stellen eventuell seine liebe Not mit dem Buch haben könnte, da vielfach Fachbegriffe verwendet, aber im Vorfeld nicht immer erklärt werden. Jedoch ist die hervorragende Rechercheleistung besonders hervorzuheben. So bietet „Liebeslied und Ritterspiel“ dem Leser eine Fülle von Fakten, die weitgehend anschaulich sind.

„Liebesleid und Ritterspiel“ bietet auch einen Anhang, in welchem alle weiteren bekannten Bilderzyklen zu den besprochenen Werken aufgeführt sind; somit kann jeder Leser noch weitergehend als im Text geschehen, einordnen, in welchem kunsthistorischen Zusammenhang die besprochenen Bilder stehen. Außerdem lädt dieses Angebot der Autorinnen zum eigenen Weiterforschen ein.

Ebenso finden sich im Anhang Hinweise zur digitalen Zugänglichkeit der handschriftlichen Überlieferungen der besprochenen Texte. Diese Hinweise könnten für Literaturwissenschaftler, aber auch für Historiker von Interesse sein.

Insgesamt bietet „Liebesleid und Ritterspiel“ eine fundierte Zusammenschau der vorgestellten mittelalterlichen Literatur und den dazu angefertigten Bildzyklen, die sowohl zum Informieren als auch zum Weiterforschen einlädt.

Titelbild

Kristina Domanski / Margit Krenn: Liebesleid und Ritterspiel. Mittelalterliche Bilder erzählen große Geschichten.
Primus Verlag, Darmstadt 2012.
144 Seiten, 39,90 EUR.
ISBN-13: 9783863123291

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch