Treppab - Ludger Lütkehaus gibt eine Auswahl der Briefe Friedrich Nietzsches an seine Mutter heraus

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mitte der 1960er-Jahre zeichnete der unter anderem durch seine "Skeptische Ethik" und die Herausgabe der Schriften Immanuel Kants bekannte Philosoph Wilhelm Weischedel unter dem Titel "Die philosophisch Hintertreppe" 34 Porträts "großer Philosophen", die einen neuen Zugang zu "Alltag und Denken" der Weisheitslehrer öffnen sollten. Nietzsche konnte da nicht fehlen.

Die Tür zu einer weiteren solchen Hintertreppe zur Lebens- und Gedankenwelt dieses "großmannssüchtige[n] Kleine[n] Prinz', der sich unter die Sterne der Weltgeschichte versetzt", öffnet dem lesenden Publikum nun Ludger Lütkehaus. Auf dreiundneunzig Seiten legt er eine zwar nicht allzu umfangreiche, aber doch repräsentative Auswahl der Briefe des aus einer Pfarrersfamilie stammenden "Antichristen" - der zu sein Nietzsche sich zumindest gerne schmeichelte - an seine Mutter vor. Das erste Schreiben stammt von dem gerade mal fünfjährigen Fritz, das letzte aus den Wochen, in denen sich der Größenwahn eines Autors, der sich darüber ausließ, warum er so klug sei und so gute Bücher schreibe, endgültig zum allgemeinen Wahn auswuchs, indem er alsbald versank.

Wie der Herausgeber im Nachwort bemerkt, sind die Briefe "durchweg liebevoll", oft gar "rührend". Entwürfe, in denen Nietzsche in harten Worten mit Mutter - und Schwester - abrechnet sandte der in die Jahre gekommene Sohn, der seine Briefe an die Mutter nun mit "Dein altes Geschöpf" zu unterzeichnen pflegte, hingegen lieber nicht ab. Aber auch in den Briefen, welche die Mutter erreichten, ist, wie der Herausgeber bemerkt, "[u]ntergründig [...] etwas von der Ambivalenz dieser Mutterbindung zu spüren".

R. L.

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Titelbild

Friedrich Nietzsche: Briefe an die Mutter.
Manesse Verlag, München 2007.
96 Seiten, 9,90 EUR.
ISBN-13: 9783717540625

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