Kampf um eine Werft
Thomas Rosenboom schildert in "Der Nachfolger" die Rivalität zweier Männer zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Von Susan Mahmody
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseThomas Rosenbooms neuer Roman "Der Nachfolger" ist im niederländischen Original (unter dem Titel "De nieuwe man") bereits 2003 erschienen. Der Autor, der sich vor allem durch seine Veröffentlichung historischer Romane Anerkennung erschrieben hat, versetzt seine Leser auch in seinem neuesten Werk in die Vergangenheit, genauer gesagt in die Niederlande des Jahres 1912.
Der arbeitsame, erfolgreiche Werfteigentümer Berend Bepol, der eine Schiffswerft in Wirdum im Norden der Provinz Groningen besitzt, will sich endgültig zur Ruhe setzen. Im Werftarbeiter Niesten sieht er den idealen Nachfolger für die Weiterführung seines Unternehmens. Die Hochzeit zwischen Niesten und Bepols Tochter Ilse wird arrangiert und der geschäftstüchtige Bepol sieht sich am Ziel. Während der Rezession als Folge des Ersten Weltkriegs gerät die Werft in Schwierigkeiten. Just in dieser unsicheren Lage gelingt es Niesten, einen lukrativen Auftrag an Land zu ziehen, was Bepol ihm missgönnt. Plötzlich schlagen Sympathie und Vertrauen zu seinem Schwiegersohn in unerbittliche Rivalität um. Er verweigert ihm den Schiffbauplatz auf der Werft, auf der ein kleineres Schiff gebaut wird, so dass Niesten auf eine nahegelegene Weide ausweichen muss. Während des Stapellaufes, zu dem sich das ganze Dorf versammelt, kommt es zum endgültigen Bruch zwischen Bepol und Niesten, und die Tragödie nimmt ihren Lauf.
Rosenbooms Gesellschaftsroman handelt von Gier, Angst, Hochmut und Stolz und gibt einen tiefen Einblick in die menschliche Psyche. Der Roman kann in zwei Teile geteilt werden: in die Zeit vor der Heirat Niestens mit Ilse, in der alles perfekt und idyllisch erscheint und in epischem Ton geschildert wird, und die Zeit nach der Hochzeit, in der Bepols Bedenken seinem Schwiegersohn gegenüber beginnen und eine unruhige, spannende Erzählweise benutzt wird.
Auf sehr realistische Art beschreibt der Autor die Gefühlswelt und Gedanken des Werfteigentümers, der als motiviert, dynamisch, oft beinahe kindlich enthusiastisch, redselig, gutmütig und sozial dargestellt wird, während sein Schwiegersohn sich vor allem durch eine Eigenschaft auszeichnet: Schweigen. Gerade durch diesen Charakterzug bleibt Niesten undurchschaubar für Bepol. Schnell entwickelt dieser Skepsis und Misstrauen seinem Wunschschwiegersohn gegenüber und bald findet er sich in paranoiden Verschwörungstheorien wieder, die in all ihrer Absurdität wiedergegeben werden.
Rosenboom gebraucht eine sehr archaische Sprache, die dennoch durch einen übermäßigen Gebrauch an Metaphern und langen, komplizierten Sätzen gekennzeichnet wird. So stark der Roman in den Schilderungen der Gefühlswelt von Bepol ist, in den endlosen Exkursen über den Schiffbau und seine Technik wirkt er langatmig und uninteressant.
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