Mord, meerumbrandet
Vom Töten auf der Leuchtturminsel
Von Lutz Hagestedt
Man sollte meinen, ein Leuchtturmmörder habe nicht viel zu tun. Es sei denn, man versteht seine Mordlust metaphorisch und bezeichnet als Mord auch die Leidenschaft, Fische zu fangen, Aale auszunehmen und Krebse zu trocknen. Zum Menschenmord jedoch dürfte der Leuchtturmmörder wenig Gelegenheit haben, zu weit draußen liegt seine Insel im aufgewühlten Meer, nur mit dem Boot erreichbar und auch nur bei Ebbe und gutem Wetter. Mag sein, dass in seltenen Fällen ein Schiffbrüchiger angeschwemmt wird, dem er den Garaus machen kann, oder ein verirrter Yachtbesitzer mit Freundin, der sich massakrieren und präparieren lässt. Die Leute von der Küstenwache und die Männer von der Wasserschutzpolizei sind jedenfalls sakrosankt, würde doch sonst das schöne Gewerbe allzu rasch ruchbar werden.
Geoffrey Lefayen ist als Taxidermist ein Künstler, er hat sein Handwerk bei zwei Brüdern gelernt, die seit vielen Jahren im Gefängnis sitzen, ihn damals - vor Gericht - entlastet und alle Schuld auf sich genommen haben. Unwahrscheinlich, dass sich noch ein Hinweis in seiner Akte findet, als er seinen Job als Leuchtturmwärter antritt - frei und fast unbeobachtet. Ein mongoloides Kind hebt gelegentlich den Fernstecher in Geoffreys Richtung, aber niemand glaubt ihm, was es dort sieht. Denn dass es doch der Gelegenheiten viele gibt, zum Leuchtturmmörder zu werden, das führt ein psychologisch meisterhafter, vorzüglich übersetzter, atemlos spannender Roman von Vincent des Swarte vor. Keine Schwarte, sondern ein schmales Werk in Tagebuchform, das man sich auf einen Sitz einverleiben sollte.