Von der Hermeneutik zum Poststrukturalismus

Oliver Simons bietet eine Einführung in gängige Literaturtheorien

Von Susan MahmodyRSS-Newsfeed neuer Artikel von Susan Mahmody

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Einführungen in die Literaturwissenschaft und deren Methoden gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Oliver Simons legt jetzt eine neue vor, die in der Taschenbuchreihe „Zur Einführung“ des Hamburger Junius-Verlags erschienen ist. Diese Reihe, die sich ihren Herausgebern zufolge durch die „Kombination von Wissensvermittlung und kritischer Analyse“ auszeichnet, will klassische Fragen durch neue Perspektiven und Forschungsfelder in all ihrer Aktualität darstellen. Im Falle von Simons’ „Literaturtheorien zur Einführung“ soll versucht werden, „Darstellungsformen, bevorzugte Metaphern und Denkfiguren in einer Auswahl wichtiger theoretischer Schriften zu erörtern, um den Leser mit konkreten Lektürevorschlägen an die Texte heranzuführen“. Als Basis für seine Erläuterung wählt Simons das in der Linguistik vielfach verwendete „semiotische Dreieck“, durch das sprachliche Konzepte abgebildet werden sollen. Dieses Dreieck, das sich aus den Komponenten „Bedeutung“, „Zeichen“ und „Referenz“ zusammensetzt, zeigt auf, dass sich Zeichen nicht direkt auf einen Gegenstand beziehen, sondern dass diese Verbindung durch eine mentale Repräsentation des Objekts von statten geht.

Literaturtheorien, so Simons, beziehen sich mittels Sprache ebenfalls auf die Welt, und benutzen demnach ein ähnliches Schema wie das „semiotische Dreieck“. Dementsprechend ist diese Einführung auch in drei Kapitel geteilt, die diesem Modell folgen und die vorgestellten Literaturtheorien nach „Bedeutung“, „Zeichen“ und „Referenz“ gliedern. Mit der Bedeutung von Texten beschäftigt sich vor allem die Hermeneutik, die Lehre der Interpretation und des Verstehens, zu deren Vertreter Simons Wilhelm Dilthey, Hans-Georg Gadamer, Peter Szondi und Paul Ricoeur zählt. Zeichentheorien seien die Psychoanalyse (Sigmund Freud und Jacques Lacan), aber auch der Strukturalismus und Poststrukturalismus von Roland Barthes, Jacques Derrida und Paul de Man. Modelle von Referenz macht er schließlich in Gesellschaftstheorien (Theodor W. Adorno, Niklas Luhmann), kulturwissenschaftliche Ansätze (Claude Lévi-Strauss, Clifford Geertz), sowie in Bereichen von Geschichte (Michel Foucault, Stephen Greenblatt), Gender (Julia Kristeva, Judith Butler) und Medien (Jean Baudrillard, Friedrich Kittler) aus. Dieser neue systematische Zugang zur Literatur(wissenschaft) über ein linguistisches Modell zeigt die enge Verbundenheit der beiden Disziplinen auf.

All diese Ansätze und Theorien werden von Simons ausführlich und in verständlicher Sprache erklärt. Die vielen kommentierten Textfragmente aus den wichtigsten Werken der besprochenen Theoretiker unterstreichen Simons’ Argumentation. Die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Literaturtheorien sowie deren Grundlagen werden deutlich hervorgehoben, sodass Einsteigern auf dem Gebiet der Literatur(wissenschaft) die Orientierung erheblich erleichtert werden dürfte. In einer Art Schlussbetrachtung lässt der Autor alle vorgestellten Ansätze noch einmal Revue passieren. Eine ausführliche Bibliografie sowie ein Glossar runden das Buch ab.

Titelbild

Oliver Simons: Literaturtheorien. Zur Einführung.
Junius Verlag, Hamburg 2009.
192 Seiten, 13,90 EUR.
ISBN-13: 9783885066620

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch