Musik und harte Texte

Zu zwei neuen Büchern von Franz Dobler

Von Martin GaiserRSS-Newsfeed neuer Artikel von Martin Gaiser

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

„Oskar vögelte Naomi, die das Wort vögeln nicht leiden konnte, aber selbst kein besseres auf der Pfanne hatte und Pussy noch schlimmer fand, weil das nach Britpop mit deutschen Texten klingen würde, der nicht die Eier hätte wie Motörhead zu klingen.“ Dieser Auszug aus der Geschichte „System“ macht deutlich, worum es Franz Dobler in seinen „26 Geschichten für den Rest des Lebens“ – so der Untertitel seines neuen Buches „Letzte Stories“ – geht. Um Menschen im realen Leben, um Musik und um schnörkellose Ausdrücke, die in aller Klarheit und Härte die Haltung des Autors zur Sprache dokumentieren.

Dass Franz Dobler nach seinem grandiosen Roman „Aufräumen“ (2008) bereits 2009 mit einem neuen Gedichtband und in diesem Jahr mit den Geschichten im Gespräch bleibt, kann man als Hinweis auf ein wachsendes Interesse an seiner nicht am Mainstream orientierten Literatur interpretieren. In „Ich fühlte mich stark wie die Braut im Rosa Luxemburg T-Shirt“, das in Format, Umfang und Aufmachung fast wie ein Zwilling des 1991 erschienen Bandes mit Westerngedichten wirkt, schreibt der Autor in freier Form über den Schriftsteller, Schauspieler und Knacki Edward Bunker und über den bayerischen Gendarmenmörder Mathias Kneißl (dessen Biografie wurde in gewisser Weise fast schon verklärt, indem es ein nach ihm benanntes Bier gibt, was Franz Dobler bei einer Lesung auf den Gedanken brachte, dass unsere Gesellschaft ein nach Andreas Baader benanntes Pils wohl noch nicht akzeptieren würde).

Er adaptiert den Song „I’ve been everywhere“, der unter anderem von Johnny Cash gesungen wurde, und berichtet auf unkonventionelle Art vom Besuch einer Ausstellung zu Ehren von Ray Charles, die er im Jahr 2006 in der Country Hall of Fame in Nashville gesehen hat.

„Letzte Stories“ beinhaltet überwiegend Geschichten, die von 2005 bis 2010 als Kolumne („ABC des Lebens“) in dem Magazin „a-guide“ erschienen sind. In der etwas längeren und etwas geschlosseneren Form kann Dobler Personen und Situationen entwickeln, ihnen ein gesellschaftliches Umfeld skizzieren. Er fantasiert sich in Elvis hinein, bietet dem Leser einen ungewöhnlichen Blick auf bayerische Politverhältnisse und nimmt ihn mit auf eine groteske Taxifahrt im US-Bundesstaat Tennessee. „Frohball“ ist die vielleicht stärkste Geschichte betitelt, in der es um einen Sonntag auf einem Fußballplatz geht, wo der Gegner in unverhohlen rassistischen Angriffen demoralisiert und fertig gemacht werden soll. Diese literarische Reportage zeigt den Autor ganz nah an einem Teil der Gesellschaft, und es ist sicher kein Zufall, dass Hunter S. Thompsons Literatur im gleichen Verlag erscheint. Beide Bücher, auch das ist typisch Dobler, verfügen über Anmerkungen, die das Gelesene noch erweitern, und beiden hat der Autor treffende Musikerzitate vorangestellt: „Don’t let them get you down“ (Paul Weller) und „Everybody’s Blues is different“ (Cannonball Adderley).

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Franz Dobler: Ich fühlte mich stark wie die Braut im Rosa-Luxemburg-T-Shirt.
Songdog Verlag, Wien 2009.
60 Seiten, 12,00 EUR.
ISBN-13: 9783950197686

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Titelbild

Franz Dobler: Letzte Stories. 26 Geschichten für den Rest des Lebens.
Blumenbar Verlag, Berlin 2010.
168 Seiten, 17,90 EUR.
ISBN-13: 9783936738674

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